Gruesse aus der Grossen Stadt

Monat: Dezember 2005

SMS-Spielchen: MTV-Laufbänder…

Wie zapft man Kindern am Besten den Geldbeutel an? – Genau: Handy-Unsinn. Klingeltöne sind gut, oder SMS-Chats! Oder barbusige Damen als Hintergrundbildchen, damit kann man richtig Penunsen machen!

Ich habe eine recht konkrete Vorstellung davon, was meine Eltern gesagt hätten, wenn sie gesehen hätten, dass ich mein Taschengeld für solch überteuerten Müll rauswerfe, aber bitte sehr! – In meiner Jugend hätte ich mir höchstens ein Pinup aufs Festnetztelefon kleben können, denn Handies gab’s noch nicht, und das mit dem Kleben wäre auch so eine Sache gewesen, am Rande der Legalität, vermutlich, denn Telefone gehörten einem zu der Zeit noch nicht, sondern man durfte sie noch von der Telekom mieten, die zu der Zeit noch Deutsche Post hiess und noch keine gewissenlosen Massenentlastungen zur Gewinnmaximierung vornehmen wollte.

Eine weitere Möglichkeit an das Geld der Kleinen zu kommen besteht in „lustigen“ hektischen Laufschriften die im Musikfernsehen durchs Bild rasen, während Ashley Simpson zweierlei demonstriert, nämlich erstens, dass zu einem normalen Satz nicht nur Subjekt, Prädikat und Objekt gehören, sondern auch mindestens zwanzig mal das Wort „like“, und zweitens, dass man auch vollkommen ohne Talent eine Karriere im Musikgeschäft aufbauen kann[1].

In diesen Laufschriften kann man erbauliches lesen. Die Welt ist voller Liebe, erfährt man dort! Murat liebt Sabine, Gabi liebt den verrückten Marcus, und, etwas später, wieder Murat, der diesmal erklärt, dass er Corinna total toll findet. Naja, man kann ihm das nicht pauschal zum Vorwurf machen, die Zeiten ändern sich halt, manchmal auch schon nach 30 Sekunden, und was weiss ich schon, was in der Zwischenzeit alles vorgefallen ist…

Und warum sollte man sein Geld nicht zum Fenster rauswerfen und massig SMS an MTV schicken, nur damit niemand diese Nachrichten liest? – Für Murat dürfte das auch besser sein, sonst gibt es vielleicht noch Probleme! – Mit Corinna, mit Sabine, oder sogar mit beiden!

Armer Murat.

Eine Nachricht fiel allerdings etwas aus dem normalen Schema. Und ich finde wirklich, dass das persönlich geklärt werden sollte, nicht nur über einen Lauftext bei MTV:

„Schatz, es tut mir leid, dass ich auf Dein Meerschweinchen getreten bin! Ich kaufe Dir ein Neues, versprochen! Liebe Dich über alles! M.“

…das ist also jemand, der seinem Partner ein Weihnachtsgeschenk machen kann, über das Person sich wirklich freuen dürfte!

Das ist der Geist von Weihnachten…

[1] Eine gute Gelegenheit mal wieder Dirk Bach bei seiner Rede bei der Echo-Verleihung 2004 zu zitieren, als er mit Blick auf Casting-Bands und Soap-Sternchen zu den Vertretern der Plattenindustrie sagte: „Und ihr wundert Euch, dass es euch schlecht geht??“

Gute Zeiten, schlechte Zeiten im Radio…

Unhörbar ist immer noch Radio Energy. Die Duzen einen ständig.

Morgens muss wirklich nicht viel gesprochen werden, und wenn, dann bitte mit lieben Menschen, die am Besten auch noch nicht so lange wach sind. Wenn ein Frühstücksradio aber unbedingt „total persönliche, Du!“ werden muss, und mir das Wetter und die Verkahrsnachrichten direkt anhängt, dann wird’s grausig!

„Heute wird’s bei Dir sicher regnen, aber später scheint für Dich die Sonne!“

Woher wissen die, wo ich stecke?

Oder:

„Auf der A7 hast Du zur Zeit leider 7km Stau, auf der A1 stehst Du zur Zeit 3km im Stau,…“

Aber, aber: ich habe weder ein Auto, noch das dringende Bedürfnis, mich morgens schon so vollquatschen zu lassen.. – Überhaupt stecke ich auch um die Zeit ganz selten nur auf zwei unterschiedlichen Autobahnen auf einmal im Stau!

„Du musst Dir das ja nicht anhören“, mag man richtig einwenden. Tue ich ja auch nicht. Ich höre morgens NDR2, weil mich das Programm am wenigsten ästhetisch beleidigt. Und das ist ja auch wichtig.

Zur Zeit haben sie schöne Ideen: sie dichten alle Weihnachtssongs, in denen Schnee und Weisse Weihnacht drin vorkommt, um: in Regenlieder! – „I’m dreaming of a rainy christmas“, etc.! – Da kann ich durchaus auch morgens schon drüber lachen!

Schwer zumutbar ist dort allerdings die Werbung.
Mein derzeitiger Lieblings-Spot ist der mit der verstörten Medikamentenabhängigen:

„Ja! Meine Apotheke steht mir bei wichtigen Gesundheitsfragen oft zur Seite! Meist bekomme ich bei einem Einkauf auch noch die Apothekenumschau gratis dazu. Hier erfahre ich viele Dinge, die meiner Familie und mir gesundheitlich weiterhelfen! […]“

Werbespots, die mit „Ja!“ anfangen! – Das ist noch ganz alte Schule!

Dann geht’s aber weiter mit einem Text, der offensichtlich von diversen Anwälten gründlich abgeklopft wurde, bis daraus etwas wurde, was zwar deutsche Vokabeln enthält, aber doch fern jedes normalen Sprachgebrauchs ist..

„wichtige Gesundheitsfragen“: Dringlichkeit suggerieren, aber um der Götter Willen nicht Heilung versprechen!
„oft“: also „nicht immer“! – wo kämen wir da hin! Dann müssten Apotheker ja bald Sprechzeiten einführen!
„zur Seite“: um’s noch einmal zu unterstreichen – wir übernehmen keine Verantwortung! Wir stehen zur Seite, aber nagel uns nicht drauf fest!
„Meist“: wir haben nur zehn Exemplare!
„gesundheitlich weiterhelfen“: wir reichen nur die Medikamente rüber, die ohnehin der Arzt verschrieben hat..

Na, wenn ich das nächste mal Tips von einem Apotheker bekomme, höre ich besser gleich weg…

NDR2 ist auch der einzige Sender, der immer noch die uralte Original-Werbung (minimale Anpassung) des Vogelparks Walsrode bringt. Schon in frühester Kindheit verabscheute ich diesen Spot.
Ich habe keinen Schimmer, was an einem blöden Vogelpark so interessant sein soll. Die haben ja nichtmal richtig Tiere. Aber bitte, dann bin ich eben nicht die Zielgruppe, auch gut. Mal ehrlich: Wenn jemand ehrliches Interess „an Vögeln“ hat, so beweist das doch in den meisten Fällen eher dessen Dativ-Schwäche als Zuneigung zu Federvieh, oder?

Nun gut, meine Meinung…

Manchmal erfährt man auch tolle unwichtige Dinge bei NDR2, zum Beispiel gerade: Auf dem Cover von „Born in the USA“ sieht man Bruce Springsteen von hinten, von Hüfte bis Knie etwa, vor einer amerikanischen Fahne. Es gab zunächst Diskussionen, weil einige übelmeinende Menschen meinten, der „Boss“ würde auf die Fahne urinieren. Damals konnte man sich da noch rausreden, ohne präventiv nach Guantanamo zu kommen, und das Cover wurde dann letztendlich doch genommen.

Der Titelsong wurde übrigens damals von Ronald Reagan zu Wahlkampfzwecken verwendet. Ungeachtet dessen, dass es kein „Hurra USA!“-Song ist, sondern ein Song über den Vietnam Krieg, aber bitte..

Got in a little hometown jam
So they put a rifle in my hand
Sent me off to a foreign land
To go and kill the yellow man

Ignoranz ist in den USA ein Zeichen von Führungsqualität.

In diesem Sinne: schöne Weihnachten, und so! 😉

spon spin: Ehre wem Ehre gebürt…

Da ich sonst nur Verächtliches über spon von mir gebe, muss ich doch jetzt auch einmal auf diesen Artikel hinweisen. Der ist tatsächlich mal gut!

Das Frau Osthoff sich nicht von den deutschen Medien vereinnahmen lässt habe ich mit breitem Grinsen zur Kenntnis genommen. Am meisten ärgert sich sicher „Lowest Level“ Beckmann, der sich schon darauf gefreut hat, ihr inquisitive Fragen zu stellen: „Entführt, verschleppt, misshandelt: Wie fühlt man sich da?“

Ja, wie nur?

Danke, Frau Osthoff, und schöne, ruhige, besinnliche Weihnachten!
I’d miilad said!

Mehrwertsteuer und Entlassungen

Zweierlei:

1. Wenn die Mehrwertsteuer von 16% auf 19% steigt, dann wird nicht alles drei Prozent teurer, sondern nur runde 2,6% brutto. Das ist nicht schön, aber die Heulsusenpresse (Ehre wem Ehre gebührt: nicht zuletzt spon) sollte endlich mal ihre Fakten prüfen.
Der Dreisatz ist durchaus beherrschbar!

2. Jetzt auch die Telekom, jetzt auch Mobilcom: Rekordgewinne, und daher, sehr Ackermann-esque, Entlassungen. Ich habe die dazugehörigen Berichte nicht weiter gelesen, es geht sicher darum „auch weiterhin Wettbewerbsfähig sein“, wie bei den Deutschbankern.. Merkwürdig nur: bei Erfolg wird entlassen, bei Misserfolg wird entlassen. – Wann denn nicht? Das bringt irgendwann Probleme mit sich: noch ein, zwei Jahre wirtschaftlicher Misserfolg, oder Erfolg und niemand arbeitet mehr in diesem Land, ausser den Vorstandsleuten, und ob das noch wirkliche Arbeit ist, da scheiden sich die Gemüter!

Soviele Arbeitslose mit soviel Zeit, das fördert zwar insgesamt die Freizeitindustrie, aber auch die zwingt der neue Trend dann zu Entlassungen! – Misserfolg natürlich auch, aber wir wollen ja nicht schwarzmalen..

– Beamter müsste man sein, da spielt Erfolg und Misserfolg keine Rolle. Und der Staat kann auch nicht einfach den Standort dichtmachen und nach China gehen.

Aber, ach: mittlerweile habe ich festgestellt, woran unser Land hauptsächlich krankt, nämlich an der schlechten Presse!

Ich habe letzt eine Reportage über West Australien gesehen und war erstaunt über das, was dort zu den mir vertrauten Bildern gesagt wurde. Wenn man nur die Bilder sah, war das total plausibel. Wenn man aber da war und die Leute auch nur etwas kennengelernt hat, war das totaler und kompletter, wenn auch sehr romatischer Unsinn, den die da von sich gegeben haben.

Dabei kam mir der Gedanke: geben die Reportagen, die in Australien über Deutschland gezeigt werden, vielleicht auch so ein verzerrtes Bild wieder?

Aber jetzt bin ich dahintergekommen: man muss für solche Berichte nichtmal das Land verlassen! – Unsere Presse beschäftigt sich vorbildlich mit dieser verzerrten Sicht! – Beispiele gibt es zu genüge bei spiegel-online und Konsorten!

Im Gegensatz zu der – nein: allen Reportagen über Australien hat unsere Presse allerdings einen Vorteil: sie können wenigstens unsere Ortsnamen richtig aussprechen.

Für Leute die’s interessiert: die australische Hauptstadt sprich sich „KENNbra“, mit Betonung auf dem Kenn. Nicht „KannBERRa“. Das kennt da niemand..

Warum australische Ortsnamen in jedem Bericht falsch ausgesprochen werden ist mir absolut schleierhaft, wo die Leute doch behaupten, wirklich dagewesen zu sein.. oh well.

No worries, eh?

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