Feldpost #34: Telephone, Techno und mitfühlende Toaster

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Feldpost #34: Telephone, Techno und mitfühlende Toaster

Beitragvon admin » 02.12.2003, 23:25

Telephon! - Geh' mal ran!

Am Wochenende war Generation Move in Hamburg, was - ich erklaere das fuer alle 'Techno'-phoben gerne - die Hamburger Miniausgabe der Berliner Loveparade ist. Der G-Move ["Szenesprache"] hat einen vielfachen Unterhaltungswert.

Zum einen kann man dort schon einige der Wagen betrachten, die bei der Loveparade mitfahren werden, was leider nicht mehr so aufregend ist, wie frueher, da viele Clubs ihre Wagen Jahr fuer Jahr recyclen.

Dann ist die Musik nicht zu vernachlaessigen. Fuer mein Empfinden gibt es dort zwar eindeutig zu viel Housemusik[1], aber die Hoffnung bleibt immer, anderes zu hoeren...

Ein weiteres Hauptargument ist die Fleischschau, die auf und um die Wagen stattfindet, denn ein bisschen Voyeurismus ist nicht verwerflich! Diesmal hatte es sich was mit Fleischschau, denn die Wagen waren entweder mit Kindern [sic! - Ich weiss nicht, was die Kleinen ihren Eltern erzaehlt haben, wo sie hingehen...] besetzt, oder mit den Damen aus dem 'Vorher'-Bild einer Weightwatchers-Kampagne, was aber dafuer viel interessanter war - ja, ich kriege den Bogen zurueck zur Einleitung noch! - war das Talent, in nahezu keiner Kleidung noch ein Handy unterzubringen!

Ich habe das genau beobachtet: Die Damen trugen teilweise einen hauchduennen Latexschlauch, der mehr offenbarte, als unbedingt notwendig war (die aesthetische Frage mal aussen vorgelassen, haette so ein Kleidungsstueck jeden engagierten Arzt dazu bewegt, eine geschlagene halbe Stunde ueber die Risiken eingeschraenkter Zeugungsfaehigkeit durch viel zu enge Kleidung zu dozieren) und keine Geheimnisse mehr zuliess. Dann erklang eines dieser laestigen und entgegen der Werbebroschuere des Handys ueberhaupt nicht lustigen Klingelgeraeusche, und wie aus dem Nichts zauberten die Damen ein Wunder der Kommunikationskunst, das ob der Lautstaerke der Musik natuerlich nichts taugte.

Hauptsache, man ist erreichbar!

Zurueck zum Festanschluss.

Man stelle sich folgende Situation: Fruehmorgens, also deutlich vor 11.00h, klingelt das Telephon und eine freundliche Stimme sagt: "Pizzahut, guten Morgen, ihre Bestellung bitte!"

Nicht original, aber originell, oder? Warum macht man eigentlich ab dem Alter, wo man es sich leisten kann und nicht mehr die leicht zu entlarvende Kinderstimme hat, keine Telephonstreiche mehr?

Mein letzter Telephonstreich liegt schon einige Jahre zurueck.

Es kursierte zu der Zeit eine Liste auf der auch mein Name stand. Auf der Liste standen Leute aus aller Welt, die gerne an Telephonkonferenzen teilnahmen. Zu dem Zweck musste man diese nur anrufen und dann in die Konferenz holen. Dummerweise war auf der ersten Ausgabe der Liste meine Telephonvorwahl nicht korrekt angegeben - statt 04101 stand da 04141, sonst war alles in Ordnung...

Auf einer Party wurde ich dann gefragt, warum meine Eltern denn immer so ungehalten waeren, wenn nach mir gefragt wurde, und ob ich zu Hause rausgeflogen sei, weil die Erwaehnung meines Namens schon fuer so viel AErger sorgte.

Ich habe dann rekonstruiert, dass ueber zwei Monate hinweg ein aelteres Ehepaar in Stade mit Anrufen aus aller Welt bombardiert wurde, von Leuten, die immer wieder hoeflich fragten, ob Nils denn jetzt endlich zu Hause sei...

Die Armen! - Natuerlich habe ich sie sofort angerufen, meinen Namen genannt, mich fuer die Stoerung entschuldigt und gefragt, ob in letzter Zeit irgend jemand fuer mich angerufen hat... - Der Herr am anderen Ende wurde dann sehr, sehr unhoeflich. Da rufe ich bestimmt nicht wieder an!

Zum Telephon noch etwas Unnuetzes Wissen (Teil 534266): Es gibt im Fachbereich Software Engineering den Ausdruck 'Emergent Behaviour', der beschreibt, dass komplexe Systeme Dinge tun koennen, die man nicht von ihnen erwartet - nicht aufgrund eines Konstruktionsfehlers, sondern weil ihr 'Verhalten' sich ueber die Zeit weiterentwickelt hat!

Im Netz der Netze berichtete ein erschuetterter englischer Telephontechniker von einem Fehler in einer Vermittlungsanlage, der nicht irgendeinem Schalt- oder Programmierfehler entsprang, es handelte sich um eben jene Emergent Behaviour. Zum Beispiel hat eine Vermittlungsstelle einen Teilnehmer staendig mit der falschen Person verbunden, nur weil diese den selben Nachnamen hatte, wie die eigentlich angerufene Person! - Gut, der Computer der Vermittlungseinheit hatte auch die Namen gespeichert, aber es bestand (bis dahin) kein logischer Zusammenhang zwischen Nummer und Name!

...Wenn Dein Toaster also das naechste Mal verkohltes Brot ausspuckt, denke lieber mal darueber nach, was Du falsch gemacht haben koenntest!

Gruesse aus der Heimat,

yours

nils


[1] Housemusik, die: nicht zu verwechseln mit Hausmusik, die eine Tradition ist, die besonders in Paedagogenhaushalten gepflegt wird (Ich erinnere mich gut an die Schreie des Nachbarkinds ("Ich will keine bloede Blockfloete spielen!!") und die herzlose Antwort der Eltern ("Das werden wir ja sehen!"))

Housemusik hingegen ist ein Mittel zur Selbstdarstellung fuer Leute, die sich selbst gerne besonders wichtig nehmen, da sie 'Clubwear'[2] kaufen. Zur Hausmusik blaest man am besten in eine Trillerpfeiffe oder kreischt, stellt sich auf irgend ein Treppchen, damit einen auch alle sehen und wirft die Arme lauwarm in die Luft. Maenner duerfen dazu auch gerne aufblasbare Steroidpolster und Nylonwaesche am Koerper tragen.

In den letzten zwei Absaetzen koennten sich einige Vorurteile eingeschlichen haben... - Der Autor entschuldigt sich, falls dem so ist, bei den Betroffenen... =o)

[2] Clubwear, die: aehnlich Kleidung. Der Unterschied sind etwa 100 DM und die Menge an verarbeitetem Stoff (die bei Clubwear nur halb so gross ist, wie bei Kleidung).

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