Feldpost #37: Blindenwitze, Kieler Woche und Plateauschuhe

Hier sind sie alle: Die bisherigen Feldpost-Ausgaben! - und zwar jeweils mit einer Kurzbeschreibung zum einfacheren Suchen. Natürlich haben wir immer noch unsere Suchmaschine hier am Laufen, aber manchmal macht es eben doch der Kontext..

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Feldpost #37: Blindenwitze, Kieler Woche und Plateauschuhe

Beitragvon admin » 02.12.2003, 23:31

Am fruehen Mittwoch der letzten Woche machte sich, wie jeden Mittwoch, eine binaere Grossfamilie von meiner Festplatte auf und krochen durch eine zufaellig herumlungernde Telefonleitung. Sie waren fruchtbar und mehrten sich und betrachteten es nach einer gewissen Zeit als wichtig, sich zu Trennen, so dass sie sich bis zum naechsten Morgen in ganz Deutschland verteilt hatten, und sogar darueber hinaus. Ihre Geschichte endet in einem tragischen Stillstand, als sie irgendwann bei den virtuellen Personen landeten, die auf meinem heimischen Rechner unter dem Begriff, 'Feldpostleser' aufgefuehrt sind... - Es folgen die Folgen der Wanderung!

Szenenwechsel: Donnerstag Morgen, oder zumindest der Punkt in der Raumzeit, den Euer treuer Feldpost-Autor als Donnerstag Morgen zu bezeichnen pflegt. Es war etwa Viertel vor zwoelf und ich hatte gerade den Fruehstueckstisch abgeraeumt. In Vorfreude auf den letzten Becher Kaffee, den ich auf dem Balkon einzunehmen gedachte, erreichte ich meine Gemaecher und hoerte den Anrufbeantworter ab: "Hallo Nils, Du erinnerst Dich sicher, dass heute um Viertel nach zwoelf unsere Marketingpraesentation ist, nicht wahr?" - sprach Manu vom Band.

Natuerlich hatte ich nicht die geringste Ahnung. Macht ja nichts.

Eine halbe Stunde Zeit ist nicht annaehernd das, was ich ueberschwenglich 'genug Zeit' nennen wuerde um zur Uni zu kommen, nicht einmal dann, wenn ich mir nicht noch die Scherben[1] haette ins Auge druecken muessen, was ich aber leider musste, und ungefaehr ein Viertel meiner kostbaren Zeit brauchte [Anfaenger...]. Trotzdem schaffte ich es irgendwie noch rechtzeitig. Vor dem Hoersaal empfingen mich Manu, Uwe und Christian, was an sich ja ganz prima ist, aber sie waren verdaechtig nett zu mir!

Die Loesung ergab sich schnell, d.h. kurz nachdem sie mich ruehrender Weise zu einem freien Platz geleitet hatten und dafuer sorgten, dass ich auch wirklich mit dem Gesicht zur Tafel sass, was ich eigentlich auch ganz allein geschafft, haette, ich bin schliesslich ein grosser Junge, aber sie hatten vor der Vorlesung die letzte Feldpost gelesen und waren nun der festen Meinung, dass ich sowieso nichts mehr erkennen koennte und - besonders am Steuer eines Wagens - am Besten als Sicherheitsrisiko beschrieben werden koennte.

Dieser Blinden-Witz zog sich noch mehrere Tage hin, und zwar immer mit anderen Personen. Ich danke Euch allen ganz herzlich, und versichere hiermit oeffentlich und laut: Ich ward sehend! - Der Nebel des Grauens hat sich gelegt und ich sehe klar und deutlich, und nicht mal mehr nur brillenlos exzellent aus, waehrend ich vernebelt und -heult gegen Dinge laufe, die ich fuer freien Weg halte!

Am Wochenende war Kieler Woche.

Hielt ich doch bis dato noch die oeffentlich-rechtliche Medienanstalt, in der ich zur Zeit die letzten Tage meines Dienstes verrichte[2] fuer das aequivalent der Twilight Zone auf Erden, so musste ich mich doch eines besseren Belehren lassen.

Die Kieler Woche ist ein Sammelbecken fuer unheimliche Gestalten. Viele Besucher stammen scheinbar aus Doerfern aus dem Umland, in denen Inzucht nicht anstoessig oder etwa illegal, sondern das beste Mittel zur Knechte- und Maegdemehrung darstellt.

Magenschmerzen vor Lachen sind vorprogrammiert. Die schmerzhafteste Erfahrung waren drei spaetpubertierende Maedchen, die eine Zeitlang hinter uns gingen und die perfekte Hamburg-Barmbek Mundart-Komoedie vorfuehrten. Von "Ey, Alla!" ueber "Ich schwoer', ey!" bis hin zu staendigem "Gooiell!" zum akzentuieren mangelnden Vokabulars war alles vertreten. Sie gehoerten der Gruppe Jugendlicher an denen Dieter Hildebrandt unterstellte, dass sie "Geil" immer noch fuer einen vollstaendigen Satz halten. Die Zwerchfellfolter hatte ein Ende, als nach einiger Zeit einer der Gestalten lautstark auffiel "Ey, Alla, die lachen ja voll ueber uns, ey, ich schwoer!". - Ich haette mich kaum laenger auf den Beinen halten koennen...

Wie in jeder groesseren Menschenmenge dieser Tage hatte sich ein grosser Teil der - zumeist weniger holden - Weiblichkeit wieder auf Plateauschuhe gestellt. Ich weiss nicht, wer verbreitet hat, dass diese Schuhe auch nur annaehernd praktisch und gesundheitsfoerdernd waeren, zumal in groesseren Menschenmengen.

Der aesthetische Wert dieses Schuhwerks sei jetzt mal aussen vor gelassen: Aus jeder groesseren Menschenansammlung werden Plateauschuhtraegerinnen massenweise von genervten Sanitaetern herausgeschleppt - ein Baenderriss oder eine Verstauchung sind sozusagen obligatorisch!

Aber doch noch mal zurueck zum aesthetischen Wert: Wenn man den Plateauschuhen schon sonst nichts abgewinnen kann, so muss man ihnen doch lassen, dass sie auf die Dauer das Stadtbild verschoenern...

[Ein Hoch auf die wenigen ruehmlichen Ausnahmen der Regel!]

Und sonst? - Wieder kein Fussball heute...

Dann eben naechste Woche! Bis dahin:

Gruesse aus der Heimat,

yours

nils


[1] Siehe Feldpost #36

[2] Grund: Unehrenhafte Entlassung. Um sich eine unehrenhafte Entlassung zu basteln nehme man eine Persoenliche Assistentin(tm), die tatsaechlich glaubt, dass das etwas anderes waere, als eine politisch korrekte Umschreibung fuer Sekretaerin, einen Chef, der das aus purer Unsicherheit ebenfalls glaubt und als Kroenung eine vorsichtig angedeutete Mobbing-Vorhaltung, die von der P.A.(tm) durch den Kommentar "Also, dafuer werde ich sorgen, dass ihr alle fliegt!!!" [Die drei Ausrufezeichen sind in diesem Fall beabsichtigt] ad absurdum gefuehrt werden sollte. Der komplette Sachverhalt ist natuerlich komplexer, aber soweit des Pudels Kern [Unnuetzes Wissen, Teil 534268: Eine Redewendung von Goethe aus Faust I. - An der Stelle, an der Mephisto seine Tarnung als Pudel gegenueber Faust fallen laesst].

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