Traumzeit

Die ersten ernstzunehmenden Geschichten von Pat und nils. Sie sind nicht mehr die Neuesten, und wer sie noch nicht kennt, sollte dringend mal reinsehen! - Die Print-Ausgaben sind gesuchte Raritäten geworden! Gesamtauflage der Print-Ausgabe: 60 Stück

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Traumzeit

Beitragvon admin » 02.12.2003, 00:18

Heute ist Montag (eine Tatsache, die nicht unbedingt gegen einen Wochenanfang verwendet werden sollte) es ist November und das Wetter ist gut. Das paßt eigentlich nicht sonderlich gut zusammen wird aber trotzdem von den meisten Menschen höchstens mit einem Grunzen wahrgenommen. Das Wetter war die letzten Tage nicht sonderlich toll. Gestern war Totensonntag und nach meinen Beobachtungen haben sich die Toten da einen etwas merkwürdigen Feiertag gewählt: Das Wetter ist an diesem Tag so novemberig wie es nur sein könnte.
Ich schweife ab. Heute Morgen wachte ich jedenfalls mit einem Lächeln im Gesicht auf, guckte mich dann kurz, enttäuscht, nicht mehr zu träumen, in meinem Zimmer um und bemerkte dann glücklich, daß es erst 8.30h war, ich konnte also noch eine Weile schlafen, und das tat ich dann auch. Noch zweimal wachte ich kurz auf und stellte jedesmal wieder fest, daß es erst 8.30h war. Irgendwann bemerkte ich dann sogar in meinem Traum, daß 8.30h in den meisten Fällen gar nicht so lange dauert und ich beschloß aufzuwachen. Ich hatte natürlich verschlafen. Die Batterie in meinem Wecker hatte den Geist aufgegeben. Das alles kratzte mich nicht sonderlich, denn das, was vor dem Aufwachen passierte, das war das wirkliche Entscheidende. Gemeint ist natürlich mein Traum.
Ich weiß nicht mehr alle Einzelheiten, ich kann es nur ungefähr rekonstruieren: Ich saß bei mir zu Hause, zusammen mit Tim, Julia, Christoph und Thorsten, glaube ich, und wir diskutierten, wohin wir jetzt gleich in den Urlaub fahren könnten. Wir entschieden uns spontan für Wien. Warum, das kann ich leider nicht rekonstruieren. Julia beschwerte sich, daß es ganz schön weit bis nach Wien war und auch Tim murrte etwas über diese Entscheidung, aber wir anderen konnten sie letztendlich überzeugen. Ich hatte die hervorragende Idee, daß wir einfach mit dem Zug hinfahren könnten. Dann fänden wir über Nacht noch ein paar Stunden Schlaf und könnten den neuen Tag in Wien gleich mit einem ausgedehnten Frühstück beginnen. Das Unterbewußtsein setzt im Traum schon merkwürdige Prioritäten, ich habe immer noch eine sehr konkrete Vorstellung davon, wie das Frühstück, das ich mir im Traum vorgestellt hatte, auszusehen hätte.
Nach einigen Diskussionen machten wir uns dann auf dem Weg in Richtung Bahnhof. Wir fuhren mit zwei Wagen, ich saß hinten in einem Dukato-Transporter. Ich bin mir wohl bewußt, daß diese Information nicht unbedingt tragend für den weiteren Verlauf der Geschichte ist, ich möchte sie aber, der Vollständigkeit halber, nicht einfach unter den Tisch fallen lassen.
Dann kam die Zugfahrt. An diesem Moment des Traumes war ich selbst als Traum-Ich noch so selbstkritisch, daß ich feststellte, daß die Szenen zu schnell geschnitten waren, was wohl am übermäßigen Konsum von TV-Werbung und Musikvideos liegen könnte. Eine mir unbekannte Gruppe von Bösewichtern, die direkt aus einem James-Bond-Film zu stammen schien, versuchte uns aus dem Zug zu befördern. Leider wollten sie damit nicht einmal bis zum Bahnhof warten. Zu ihren Vasallen gehörte auch eine wunderschöne Frau. Aha! - mag der Leser jetzt denken, aber ich versichere an Eides statt, daß es nicht im Entferntesten ein feuchter Traum war. Ich hätte in diesem Fall auch sicher nicht darüber geschrieben sondern eher peinliches Stillschweigen bewahrt. So aber war es etwas anderes: Diese Frau war toll. Sie hatte lange blonde Haare und war, nicht nur an meinen über zwei Meter Körpergröße gemessen, nicht sehr groß. Sie hatte eine keine modelhafte, aber hübsche Figur. Ihre Bewegungen waren katzengleich, die einer Sportlerin, keine überflüssigen Bewegungen, alles war wohl koordiniert. Sie hatte schön geformte Hände, die sie häufig dazu benutzte, sich durch die Haare zu fahren, wobei sie eine sehr ausladende Bewegung machte und ihren Kopf so nach hinten warf, wie es erotischer nicht sein kann. Ihre Augen blitzten schlau. Es war nicht, wie bei so vielen Menschen, die einen Kuckuck auf ihrem Ich kleben haben, weil sie ihren eigenen festen Willen schon vor langer Zeit versetzt hatten, ihr Kopf gehörte ihr und sie wußte damit umzugehen.
Sie war unsere härteste Gegnerin, aber immer wenn ich mit ihr gerade vor einer offenen Zugtür rang, verwandelte sich die ursprünglich dramatische Szene in einen Moment perfekter Romantik und ich küßte ihre vollen, festen Lippen, und fühlte dabei, wie sich die dramatische Traumszene in einen dieser wenig glaubhaften James-Bond- Momente verwandelte.
So kitschig das jetzt auch klingt, es war wirklich und wahrhaftig traumhaft.
Es war schön, daß ich mich nach dem Aufwachen noch an den Traum erinnern konnte.
Einzig ein Problem habe ich: Ich habe keine Ahnung, wer diese Frau war!
Mein Gesichtergedächtnis ist leider phänomenal schlecht. (An dieser Stelle einen lieben Gruß an die Frau von der Tankstelle letzten Donnerstag, die mich ansprach: Ich werde mir weiter Mühe geben, mich wieder an dich zu erinnern, versprochen!)
Die Frau aus meinem Traum war aber ein ganz anderer Fall. Sie war atemberaubend! Ich bin mir ganz sicher, daß ich sie auf keinen Fall vergessen hätte, hätte ich sie schon einmal getroffen. Sie ist auch keine Mischung aus Frauen die ich schon kenne. Alle anderen Personen die bisher in meinen Träumen vorkamen hatte ich erkennen und einordnen können, oder ich wußte zumindest grob, wo ich sie schon einmal gesehen hatte. Bis auf sie. Eigentlich sollte ich glücklich sein über diesen schönen Traum, dessen Erinnerung nicht verblaßt ist, wenn es da nicht die eine Sache gäbe, die mich wirklich stört: Ich habe weder ihre Telefonnummer, noch ihren Namen. Was mir bleibt ist die Erinnerung und die Hoffnung, daß ich sie noch einmal wiedersehe, was ich sehr hoffe...

...Und das mir ja keiner mit dem Argument kommt, daß es nur ein Traum war.

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Time flies. Eternity waits.

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