Feldpost #59: Wintereinbruch, Schuhläden und Baumärkte

Hier sind sie alle: Die bisherigen Feldpost-Ausgaben! - und zwar jeweils mit einer Kurzbeschreibung zum einfacheren Suchen. Natürlich haben wir immer noch unsere Suchmaschine hier am Laufen, aber manchmal macht es eben doch der Kontext..

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Feldpost #59: Wintereinbruch, Schuhläden und Baumärkte

Beitragvon admin » 03.12.2003, 00:14

Nachdem es den Sommer ueber schon nicht sonderlich warm war, ist es jetzt erst mal ordentlich kalt geworden. Also: noch kaelter. Auch gut. Da weiss man wenigstens, woran man ist, naemlich am Winter, oder jedenfalls fast, denn der Winter geht ja eigentlich erst viel spaeter los, also ist man am November, oder besser gesagt: mitten drin, was nicht schoen ist, aber es ist der auslaufende solche, was die Sache besser macht, denn auslaufende November haben die interessante Eigenart, ueberall in der Stadt kleine Staende erscheinen zu lassen, die niederwertigen gegorenen Traubensaft veraeussern, was ich ziemlich angenehm finde.

Es ist schon soweit, dass man in der Grossen Stadt so gut wie keinen (und man hat ja nur zwei) Fuss mehr vor den selben setzen kann, ohne ueber einen der besagten Staende zu stolpern, was Euren treuen Feldpostler doch gelegentlich in Versuchung fuehrt, insbesondere dann, wenn er keine Verpflichtungen mehr hat und sehr friert.

Aus Ruecksicht auf meine Umwelt verlange ich mir die Erfuellung beider Punkte ab, bevor ich schwach werde, denn es gibt definitiv nichts Unangenehmeres, als eine Gluehweinfahne in einem feierabendlichen OEffentlichen Personen Nahverkehrsmittel!

Diese Einschraenkung fuehrt zwar dazu, dass ich so gut wie nie Gluehwein trinke, aber es ist doch immerhin gut zu wissen, dass man koennte, wenn man wollte...

Passend zum Wetter ist in der Grossen Stadt derzeit gerade Dom, was im Falle dieser Grossen Stadt kein grosses religioeses Bauwerk, sondern ein Jahrmarkt ist, der sich aber zu den meisten anderen solchen so verhaelt, wie eine Dorfkirche zu oben erwaehntem Grosstempel, vor allem aber auch haeufiger.

Mein Lieblingsbruder hat unlaengst einige Karussellfahrten riskiert, und eine satte Woche gebraucht, sich wieder zu generieren, und zu der Zeit war es nur nass und noch nicht wirklich kalt!

Kaelte ist schoen, jedenfalls solange man sie von drinnen beobachtet. Meine Idee von Spass waere, jemanden mit einem Eimer Wasser rauszuschicken (mir selbst waere das zu kalt) und diesen an einer von Hunde und deren Besitzern stark frequentierten Ecke auszuleeren. Der Spass zu beobachten, wie die Besitzer in der Pfuetze festfrieren, waehrend die Hunde sich entleeren duerfte einen Nachmittag lang fuer Unterhaltung sorgen.

Mit etwas Glueck frieren die Hunde gleich mit fest, und zwar noch waehrend sie sich entleeren, sozusagen durch eine interessante Rueckkopplung zwischen wirklich kaltem Boden und Hundeblase...[1]

Bei solchem Wetter suchen sich alle Menschen eine warme Ecke zum Unterstellen...

Frauen suchen, wie jeder weiss, boesen, aber keiner Wahrheit entbehrenden Geruechten zufolge, den naechstgelegenen Schuhladen auf.

Maenner laecheln darueber im Allgemeinen und schuetteln verstaendnislos den Kopf, waehrend sie durch die Tuer des Baumarktes schreiten, und sich nach einem dieser praktischen und uebergrossen Einkaufswagen umsehen, den sie dann flott die Gaenge heruntertreiben, um sich die neueste Innovation auf dem Puempelsektor anzusehen...

Anschliessend treffen sie sich dann am Gluehweinstand wieder. Die Frau hat anstandshalber Schamroete im Gesicht, waehrend sie gesteht, dass sie die Kinder verkaufen musste, dafuer aber endlich Schuhe hat, die zu dem teuren blauen Kleid passen, welches sie nie anzieht.

Der Mann laechelt dann, weil er seine Frau trotz ihrer Unvernunft liebt, und zeigt ihr stolz seine Neuerwerbungen, naemlich einen elektrischen Fliesenschneider fuer ihren Holzdielenboden und eine wirklich teure Spezialzange, deren exakten Zweck er nicht verraet, weil er ihn fuer allzu offensichtlich haelt. Die Zange eignet sich jedenfalls ausgezeichnet dazu, sie in einer tiefen Schublade verschwinden zu lassen, wo er sie dann exakt einen Tag nach Ablauf der Garantiezeit mit den Worten 'Ha! - Ich sagte dir doch, dass sowas nuetzlich ist!' hervorholt, vor Aufregung fallen laesst und zerbricht.

Das Leben ist hart und ungerecht.

Beide steigen sie in die Bahn (das Auto mussten sie versetzen, um die Zange bezahlen zu koennen, was aber nicht so wild ist, da die Kinder ja auch weg sind) und fahren heim. Am Kiosk ersteht die Frau dann noch ein Buch von irgend einem Soziologen, worin steht, dass Maenner und Frauen sich deshalb nicht verstehen koennen, weil sie einfach zu verschieden sind.

Euer treuer Feldpostler steht neben den beiden in der Bahn und schuettelt den Kopf.

- Immerhin habe ich jetzt eine erstklassige Antwort, fuer Leute die um eine Geschenkidee fuer ihren Partner verlegen sind: Schuhe oder Spezialzange! - Aber bringt das ja nicht durcheinander!

Gruesse aus der Grossen Stadt,

yours

nils


ps: Der geneigte Leser entschuldige meinen Zynismus, welcher keiner ist, denn ein solcher waere durch 'bissiges Spotten ueber die Wertgefuehle anderer' gekennzeichnet, und Spotten tue ich nicht, nur breit grinsen... - Die Sanitaerabteilung von Baumarkt Bahr kann ich im UEbrigen nicht sehr empfehlen!

[1] Beim Schreiben dieser Feldpost sind keine Hunde zu Schaden gekommen - jedenfalls nicht durch mich! ...Sind bei Zeichentrickfilmen eigentlich auch solche Bemerkungen im Abspann[2]?

[2] Besonders interessant finde ich in Filmabspaennen auch die Behauptung, dass es sich wirklich nur um Fiktion, nicht um Fakt handelt... - Zeigt uns das im Falle von Science-Fiction Filmen eigentlich, dass die USAmerikaner tatsaechlich glauben koennten, dass die Zukunft in Hollywood produziert wird? Wen sollte das wundern... - Bei Jay Lenos Late Show erklaerte juengst eine US-Passantin auf die Frage, wer im amerikanischen Buergerkrieg gekaempft hat, dass es sich bei Parteien um Amerika und Spanien gehandelt habe. Ach, ja... - Zum Glueck, und das habe ich mir (leider) nicht ausgedacht, war die gute Frau 'nur' GRUNDSCHULlehrerin!

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