Feldpost #42: Der Kübel ist fort! - Lang lebe der Kübel!

Hier sind sie alle: Die bisherigen Feldpost-Ausgaben! - und zwar jeweils mit einer Kurzbeschreibung zum einfacheren Suchen. Natürlich haben wir immer noch unsere Suchmaschine hier am Laufen, aber manchmal macht es eben doch der Kontext..

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Feldpost #42: Der Kübel ist fort! - Lang lebe der Kübel!

Beitragvon admin » 02.12.2003, 23:40

Mein Kuebel ist verkauft.

Was ein Kuebel ist? - Ein Kuebel ist die Ur-Idee die hinter dem Wort Auto steckt, eine Cabriolet Limousine von Volkswagen, die in frueheren Zeiten grossen Anklang bei der Bundeswehr als gelaendegaengiges Allzweckautomobil gefunden hat, und in meinem Fall in herrlichem Porsche[1] mintgruen lackiert war...

[Zur Verdeutlichung verschicke ich diese Feldpost ausnahmsweise mit einem Bild...]

Haeufig genug kam die Frage auf, warum ich diese 'Blechschuessel' fuhr. Die Antwort ist, dass es einfach kein urigeres Auto gibt. Eine brutale Strassenlage auf Kopfsteinpflaster, ein cw-Wert, der dem des Brandenburger Tors gleicht, nacktes Blech wohin man schaut und eine alles beherrschende Geraeuschkulisse des Motors und des Fahrtwindes. - Der Kuebel ist ein ehrliches Auto.

Keine Luxusausstattung, keine 210 Km/h Spitze (statt dessen rasante 125 Km/h, ohne Gegenwind!), keine Beschleunigung von 0 auf 100 in 9.3 Sekunden (von 0 auf 80 km/h in 14,5s, wer's genau wissen will), keine Lederausstattung, dafuer konnte man alles an ihm mit einem Kreuz-/Schlitzschraubenzieher und einem 10er Schluessel reparieren...

Unvergessen bleibt mir das Gesicht des Portiers vom Vier Jahreszeiten, als ich einmal geistesabwesend die parkenden Autos in der zweiten Reihe vor dem Hotel fuer die Ampelschlange hielt und fuenf heitere Minuten da stand, in denen der Portier durch ein eindrucksvolles Mienenspiel seine Gedankengaenge offenbarte: "OEffne ich denen jetzt die Wagentuer und lasse den Wagen parken, oder nicht!"

Zum Abschied winkten wir uns froehlich zu und der Portier grinste, froh, dass er, trotz Unsicherheit, die richtige Entscheidung getroffen hatte...

"Er laeuft und laeuft und laeuft..." - Schon in seinem ersten Sommer mit mir hat er sich auf eine 3.800 Km Tour nach Frankreich und zurueck gemacht. Alle hoehnten vorher, dass er es nie dorthin schaffen wird, und wenn doch, dann nicht wieder zurueck!

Kuebelchen stand am Ende des Urlaubs erschoepft aber gesund wieder auf seinem Parkplatz, waehrend die Fahrzeuge der Laestermaeuler durch die Bank hindurch den Weg nicht, oder zumindest nicht heil, zurueck geschafft haben...

Auf dieser Tour hat der Kleine auch seinen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt: 165 Km/h, bergab in den Vogesen, bevor ich bremsen konnte. Den Krach werde ich nicht vergessen. Bergauf waren wir uebrigens zuweilen mit rasenden 50 Km/h unterwegs!

Zum UEberholen eines Autos, welches tatsaechlich noch langsamer war, als der Kuebel, blockierten laut hupende und winkende Brummifahrer die Autobahn hinter und fuer uns - damit uns niemand auf der linken Spur belaestigt!

In jedem Urlaub lernte ich viele nette Leute kennen, die mit breitem Grinsen halfen, den Kleinen anzuschieben, weil die Zuendung standardgemaess nach einigen hundert Kilometern zu heissgelaufen war und der Wagen nicht von selbst anspringen wollte...

Nach und nach haben Vertreter saemtlicher Voelker Europas geholfen den Kuebel zu schieben - er ueberwand eben nicht nur viele territoriale Grenzen!

Wenn mal niemand zum Schieben da war, gab es aber immer noch die Kurbel!

Wieviele Autos kann man heutzutage schon noch ankurbeln? - Den erstaunten Mienen meiner Zuschauer konnte ich entnehmen, dass es das nicht mehr allzu haeufig gibt...

Wenn die Batterie mal ganz leer war, dann half nur noch Anschieben. Nach einem besonders verzweifelten und erfolglosen Versuch das zu schaffen, fielen mein Bruder und ich erschoepft ins Auto um uns auszuruhen. Ich machte mich dann erfolglos auf die Suche nach einem UEberbrueckungskabel. Als ich zurueckkehrte fand ich meinen kleinen Brudi vor, der die letzten Stromreste aus der Batterie herausquetschte, um Radio zu hoeren und sich noch beschwerte, dass das Radio auch nicht so laut sei, wie sonst!

Auf dem Weg zu einer grossen Party der modernen Hippies der technischen Musik, der 'Shiva Moon', hatte ich anfangs ein Schild mit dem Namen der Party hinten im Fenster kleben. Wir haben irgendwann dann aber festgestellt, dass das genauso waere, wie 'Friedhof' auf einen Leichenwagen zu schreiben - unser Ziel war fuer alle, die ebenfalls auf dem Weg dorthin waren, offensichtlich! Der Kuebel sprach einfach fuer sich.

Auf dem Rueckweg von der Party fuhr ich mit Simon durch etwas, das man nur als 'Der Regen' bezeichnen konnte. Klar, dass ein Auto mit Steckscheiben nicht ganz wasserdicht und in einem absoluten Regenguss drinnen schon mal 'Landunter' ist. Simon hatte sowas noch nie gesehen und wirbelte die ganze Zeit enthusiastisch mit einem sehr grossen Handtuch durchs Auto und meldete in regelmaessigen Abstaenden und mit seinem besten 'Erster Offizier eines U-Bootes'-Gesicht die neuesten Wassereinbrueche und in welcher Zeit er ihnen Herr zu werden gedachte, was ihm natuerlich absolut und total misslang...

Mein kleiner Kuebel hat sich im Laufe der Zeit viele Freunde gemacht.

Ich werde ihn sehr vermissen. Wenn Ihr vielleicht heute Abend ein Bier, vorzugsweise ein Astra ( - was dagegen?), trinken solltet, so erhebt Euer Glas im Andenken an einen kleinen, mintgruenen Kuebel, auch VW 18-63 genannt, der nun nicht mehr bei Eurem Feldpostler weilt.

Wer ihn zukuenftig zufaellig in seiner neuen Heimat, Kiel, sehen sollte, der gruesse ihn bitte herzlich von mir!

Der Kuebel ist fort! - Lang lebe der Kuebel!

(Traenenreiche) Gruesse aus der Heimat,

yours

nils


[1] Der Zusatz 'Porsche' praezisiert die Farbgebung und machte den Wagen gleich etwas schneller - zumindest vom Gefuehl her! ...Nie werde ich vergessen, wie ich laut lachend an der Ampel neben einem nagelneuen Porsche 911 stand, der tatsaechlich in dieser Farbe lackiert war! - Das Wort 'albern' wird den Tatsachen in diesem Zusammenhang einfach nicht gerecht...

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