Feldpost #55: Xxxx: Gewürzmädchen, Bücherläden & Vertrag

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Feldpost #55: Xxxx: Gewürzmädchen, Bücherläden & Vertrag

Beitragvon admin » 03.12.2003, 00:05

Zeitumstellung. Schon wieder Winterzeit. Toll.

In Xxxx nennt man das 'Daylight Saving', und die westlicheren Xxxx-ianer haben sich per Referendum dagegen entschieden. Das hat zur Folge, dass es in Xxxx fuenf verschiedene Zeitzonen gibt, davon aber immer hoechstens drei auf einmal, was das ganze einigermassen uebersichtlich macht... - Jedenfalls solange, bis man beschliesst, von der Westkueste aus jemanden an der Ostkueste zu einer vereinbarten Zeit anzurufen! Das kann einige Freundschaften kosten...

Weiter mit dem Bericht der letzten Woche in Xxxx[1].

Puenktlich zum Ende der Fruehstueckszeit erwachte Euer treuer Feldpostler am Dienstag Morgen in seinem Zimmer im Backpackers. In der Hoffnung, zumindest noch eine Tasse Kaffee zu bekommen, schleppte ich mich nach unten und fand dort leider nur eine leere Kaffeekanne vor. Und etwa zwei Dutzend glueckliche Koffeinjunkies, die sich in den Luemmelecken verteilt hatten, und mit versteinerten Gesichtern einen Jackie Chan Film ansahen. Da nur die Gesichter versteinert waren, nicht aber die Haende, liessen sie sich den Kaffee nicht wegnehmen, und so machte ich mich woanders auf die Suche nach Fruehstueck...

Da ich ohne Morgenkaffee nicht sonderlich waehlerisch bin, strebte ich als erstes das schottische Spezialitaetenrestaurant um die Ecke an, und holte mir da meine Dosis Schwarzes Gold ab, der ich noch etwas zu Essen zur Gesellschaft besorgte, und liess mich auf dem Platz vor dem General Post Office nieder, um das Spektakel der Woche zu betrachten.

Auf besagtem Platz steht eine Buehne, auf der im Wechsel verschiedene gesellschaftliche Gruppen sich selber darstellen koennen, was meiner Ansicht nach viel zu haeufig wahrgenommen wird, aber die Einheimischen sind ein sehr gutmuetiges Voelkchen und gucken sich alles hoeflich an und klatschen sogar meist am Ende der Darbietung[2].

Dieses mal mussten einige arme Eltern sich den Vormittag frei nehmen, und zugucken, wie Ihre kleinen Toechter die Buehne bestiegen und zu halb Playback und - sich sichtlich unwohl fuehlend - im Miniroeckchen die Songs der Gewuerzmaedchen auffuehrten. Sie fuehrten sich dabei derart, und das nicht nur auf, dass die besseren Songs zwar nicht so gut rueber kamen, die schlechten dafuer recht authentisch, vor allem, wenn man bedenkt, dass die jungen Damen keinerlei Gesangsausbildung hatten (und in diesem Fall meine ich die Imitate, nicht das Original!).

Zum Glueck machten die Maedels nach einiger Zeit eine quasi-Synchrontanz Einlage, so dass lautes Lachen mich wieder aus meiner Lethargie weckte, und ich nach zehn Minuten doch endlich meinen Bissen vom Broetchen, der in meinem Mund langsam aufweichte, runterschlucken konnte...

Das Elterndasein ist nicht leicht!

Nach einigen weiteren Vorfuehrungen, machte ich mich auf, Nils' beruehmte 'Tour-durch-alle-Buecherlaeden-der-Stadt-und-wenn-ich-alle-sage-dann-meine-ich-alle' zu absolvieren. In den grossen Ketten verging mir schnell der Spass, da die ein penetrantes neues Telefonsystem hatten, welches die Anrufe quer durch den Laden weiterschaltete und dazu auch noch klang, wie ein digitales Weckerklingeln...

Ts, ts! - Das ist einfach unmoralisch! Demnaechst gibt es im Buecherladen auch noch Einkaufsradio und Fahrstuhlmusik, wie im Supermarkt? - Wohin soll das fuehren!?

Um mich etwas zu beruhigen ging ich in einige Esoterik-Buecherlaeden und verjagte dort die Kundschaft. Das ist einfacher, als man denkt! - Ich habe mir nur einige Buecher angesehen, mit phantastischen Titeln, wie "Wie erwecke ich meinen ausserirdischen Schutzengel und kriege mit seiner Hilfe alle Frauen", oder so aehnlich, und bei allem guten Willen, ich konnte ein lautes Lachen nicht unterdruecken, woraufhin die beiden Herren, die neben mir vor dem Regal standen, schleunigst und mit ebenso hochrotem, wie gesenktem Kopf den Laden zu verlassen. Naja, vielleicht war ihnen eingefallen, dass sie daheim den Ofen angelassen hatten...

Ermuedet durch meine lange, aber erfolgreiche Tour kehrte ich abends ins Backpackers zurueck und nahm noch an der Backpackers-Party Teil, in der das einheimische Gesellschaftsspiel 'Beleidigen, Pruegeln und wieder Vertragen'[3] ein weiteres Mal charmant dargeboten wurde[4].

Die Nacht gestaltete sich unangenehm lang, da das 'Vertragen' in die Zeit nach Schliessung des Pubs gelegt wurde, lautstark auf dem Flur des Backpackers stattfand und im rituellen Absingen von 'We are the Champions' gipfelte, wobei die vormaligen Streithaehne sich leider nicht auf einmal, sondern alle huebsch der Reihe nach vertrugen.

Die Gesaenge dauerten bis in den fruehen Morgen...

- Es wuerde viel weniger Kriege auf dieser Welt geben, wenn es mehr geschwollene Nasen gaebe...

Gruesse aus der Grossen Stadt,

yours

nils


[1] Fuer alle die, die erst jetzt eingeschaltet haben: Euer treuer Feldpostler befand sich bis vor kurzem noch in Xxxx, ein Land und Kontinent am anderen Ende der Welt, und versucht gerade damit klarzukommen, dass er aus dem Fruehling wieder in den Herbst gerissen wurde. - Vergangenheits-... nein: Gegenwartsbewaeltigung via Feldpost!

Diese Feldpost setzt die Beschreibung meiner letzten Woche in Xxxx fort, die in Feldpost #53 begonnen wurde... - Der Ort: Die Stadt des Lichts, Western Xxxx

[2] Das Motiv fuer ihr Klatschen haette natuerlich auch Ironie sein koennen, das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Unsicherheit ist eine weitere Moeglichkeit...

[3] Es aehnelt entfernt dem Spiel 'Twister', verlangt aber mehr Koerpereinsatz... - Siehe auch Feldpost #54

[4] Es ist wichtig zu erwaehnen, dass man nicht mitspielen muss, wenn man nicht moechte. Auf dem Muenchner Oktoberfest sind die Xxxxianer allerdings immer etwas ueberenthusiastisch, was in der Vergangenheit dazu fuehrte, dass ihre Anwesenheit bei diesem grossen, bayrischen Trinkritual etwas ausartete, und sie darum als einziger Volksstamm dort mehr als nur unerwuenscht sind...[sic!]

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