Kapitel 13

Die vorlaeufige Endversion des ersten Abende-füllendem Werkes von Pat / 'twoflower' und nils / 'zAphod'

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Kapitel 13

Beitragvon admin » 01.12.2003, 23:47

Ein leichter Wind wehte sanft durch die vergitterten Fenster eines muffigen Kellergewölbe hinein. Der Wind hatte eigentlich wenig interesse daran, folgte vielmehr einer alten Gewohnheit und Tradition.
Er war sich dessen bewusst, dass die Realität entführt war und er dazu eigentlich gar nicht verpflichtet war, hat jedoch nach einigen wirklich wilden Schneestürmen in einer Gegend, die von den Eingeborenen jetzt nur "Das Wasserglas" genannt wird, festgestellt, dass das ruhige Leben doch viele Vorteile besitzt.
So strich er also sanft durch die vergitterten Fenster, kräuselte sich sanft um ein paar stumpfe Sonnenstrahlen um sich dann, im Tanz mit den letzten Strahlen die Gesichter der beiden Gefangenen zu be- rühren. Die Sonnenstrahlen hatten einen ziemlich erfolglosen Tag hinter sich, denn ihr Ziel war es, durch ihre Wärme und ihr Licht den beiden Gefangenen Trost und Hoffnung zu spenden.
Der eine Gefangene begann den Werbesong einer grossen Lebensversicherung zu summen. Für ihn hatte dieser Song etwas positives an sich. Wenn man einen Gedanken an Lebensversicherungen verschwendet, dann nur deshalb, weil man hofft alt genug zu werden um Profit daraus schlagen zu können.
Ein Knurren aus einer dunklen Ecke der Zelle liess ihn innehalten und seinen Vortrag beenden. Er entschied sich, dass es gesünder wäre nachzudenken, und zwar leise, anstatt zu summen und sich den Zorn seiner Zellennachbarin zuzuziehen. Er dachte über die Zukunft nach. Ihm gefiel es, an die Zukunft zu denken. Er befasste sich noch nicht sehr lange mit dem Phänomen "Zeit". Zeit brachte immer etwas Ver- wirrung in seinen Blick. Bis er hier eingesperrt wurde hatte fast kein Tag, keine Stunde sich von einer anderen unterschieden. Somit war die Zeit für ihn bis dahin eigendlich überflüssig.
Die einzige Abwechslung in seinem Beruf war der Ausbruch von Hungersnöten, Kriegen und Epedemien. Er musste versuchen diese schnellstmöglich wieder einzufangen und darauf achten, dass jedes Wesen starb, welches mit ihnen in Berührung kam.
Abgesehen davon: Wer hat denn Zeit nötig? Er versuchte sich dies zu merken und bei Gelegenheit bei einem seiner Selbstgespräche zur Sprache zu bringen.

Selbstgespräche führte er viele, seit er an der Wand festgekettet war, was seinen Bewegungsfreiraum etwas einschränkte. Immerhin konnte er jeden Abend die Sonne sehen wenn sie sich zur Ruhe begab. Er konnte sich allerdings nicht so ganz damit abfinden, daß die Sonne jeden Abend unterging. Bei jemandem, der eigentlich die gesamte Rea- lität verwaltet, erweckt ein Sonnenuntergang in etwa das Gefühl, was sich bei Leuten einstellt, die nach Hause kommen und sich fragen, ob sie versehentlich den Herd angelassen haben, wärend ihnen eine dicke, schwarze Rauchwolke aus der Küche entgegenweht.
Es musste etwas anderes sein, das die Sonne abends verschwinden liess, allerdings konnte er sich nicht mehr daran erinnern, was es war.
Seit einer sehr langen Zeit hing er nun an der Wand und musste jeden Tag die übliche Folter auf sich nehmen. So gab es wenigstens auch mal etwas Abwechslung im tristen Kerkeralltag.
Seine Zellengenossin bekam er aber nie zu Gesicht, was wohl daran lag, dass sie in einer kleinen, dunklen Nische neben ihm mit dem Gesicht zur Wand hing. Direkt vor ihrem Gesicht befand sich ein kleiner Spiegel, der der Gefangenen relgelmässiges gequältes Stöhnen entlockt. Messerscharf schlossen die Wärter daraus, dass ihre Schönheit wohl bestenfalls nicht von dieser Welt sein könne und liessen sie einfach an der Wand hängen. Gelegentlich kam einer und putzte, mit verbundenen Augen, versteht sich, ihren Spiegel.
Seine Zellengenossin war, das wusste der Verwalter der Realität von den Wachen, Frau Schmidt, die Schwiegermutter von Pargan. Vor langer, langer Zeit war sie bekannt für ihre unaussprechliche Schönheit, bis sie Urlaub auf dem Bauernhof machte, zusammen mit sieben Zwergen.
Eines Tages kam dann der Postbote und brachte Ihr einen Kettenbrief, den sie innerhalb von zwei Tagen weiterschicken sollte, auf das ihr kein Unglück geschehe. Sie lachte darüber und warf den Brief weg.
Nur wenige Stunden später stolperte sie in einem Scherzartikelgeschäft über einen "Vergifteten Apfel"(TM), versucht sich an einem Einkaufswagen festzuhalten und rollt mit diesem in einen Restposten Knallbonbons.
Seitdem kriecht sie von Schöheitschirurg zu Schönheitschirurg um ihrer Fassade wieder Ähnlichkeit mit etwas zu geben, von dessen betrachtung ihr nicht selbst übel wird. Die Enttäuschung über die bisherigen Ergebnisse hat nicht gerade dazu beigetragen ihre Laune zu verbessern. Sogar die bösartigsten Lebewesen der Welt, die Zwergschnautzer und Foxterrier, ergreifen vor ihr die Flucht.
Der letzte Arzt, der sich an ihr versuchte, war ein mutiger, junger Idealist mit Namen Frankenstein, doch auch er musste das Handtuch werfen. Er hatte bis dato immer an Wesen gearbeitet, bei denen er zu- mindest noch Einzelteile seiner Patienten verarbeiten konnte.
Bei Frau Schmidt sah er das nicht gegeben und versuchte sich durch eine Überweisung an einen Bildhauer aus der Affäre zu ziehen, der schon Wunder an Aristokraten vollbracht haben soll.
Frau Schmidt setzte der Behandlung aber ein ganz eigenes Ende, welches hier aus Gründen der Jugendverrohung und Mangel an roter Tinte nicht eingegangen wird. Jetzt sagt sie jedem, der es nicht wissen will, dass sie so bleiben will, wie sie ist.
Beide Gefangenen teilten dasselbe Schicksal: Beide wurden von Pargan entführt.
Einen kleinen Unterschied gab es dennoch: Nur der Verwalter der Realität (Die Boulevardpresse nennt ihn nur kurz "Realität" und versieht ihn aus ästhetischenGründen mit einem weiblichen Artikel) wurde absichtlich und mit Pargans voller, berüchtigter Boshaftigkeit entführt. Die Entführung von Frau Schmidt fusst jedoch auf dem verhängnisvollsten Zufall der menschlichen Geschichte, oder besser gesagt: Auf einem blind gesetztem Kreuz auf einer Telephonbuchseite, das einigen Korrags ziemlich viel Schweiss kostete.
Pargans Monster brachten es tatsächlich fertig, Pargans Schwiegermutter zu entführen. Frau Schmidt schlug einen der Korrags mit einer unachtsamen Bewegung zusammen, was dem Verbliebenen in Panik versetzte und er sie geistesgegenwärtig mit einem Taschenspiegel in die Ecke trieb.
Seitdem hatte sie ihr Schwiegersohn in der Zelle hängen lassen, sich nicht bewusst, was für einen Krieg der Welten es ausbräche, könnte sie sich eines Tages befreien und Rache dafür nehmen, dass der kleine Taschenspiegel die ganze Zeit vor ihrer Nase an der Wand hing und ihr jede Sekunde ihres Aufenthalts ihre eigene Hässlichkeit vor Augen hielt sollte.Niemand hätte gedacht,das Pargan zu solcher Grausamkeit fähig war.

Bis dieser Tag der Rache anbrach würde sie an der Wand hängen, Rachepläne aushecken und möglichst häufig gegen den Spiegel hauchen, so daß er beschlägt, um sich nicht ständig anschauen zu müssen.
Die Realitätmachte es sich in seinen Ketten gemütlich und zählte die letzten Staubkörner die mit den Strahlen der untergehenden Sonne spielten.
In noch weiter Ferne hörte er sich nähernde Schritte.

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