headonism

Nordstaat und Hanse sind wieder frei! - oder: Wie alles begann...


Patrick und ich besserten unser Urlaubs-Informationsdefizit gerade notdürftig durch das Lesen des "Blattes für Imbezile Latente Dummköpfe" (im Volksmund BILD genannt) auf. Bevor ich durch dieses offene Bekenntnis gleich in die Ungnade des Lesers falle, möchte ich zu meiner Verteidigung hinzufügen, daß das Informationsniveau der Bild für den deutschsprachigen Leser teilweise doch höher ist als das eines dänischen Lokalblatts (die, mit den großen Farbphotos von nur notdürftig bekleideten jungen Damen mit beeindruckender Oberweite). Die BILD war mal wieder voll mit Berichten (d.h. ca. fünfzeilige, in charmant-brüchigem Deutsch abgefaßte Inhaltslosigkeiten, die meist durch Photos ergänzt werden, die, je nach Aktualität des Themas, leicht bis extrem verschwommen sind) über kleine Volksgruppen, die nach einer heißen Nacht in der Kneipe beschlossen hatten, daß ihr Dorf und dessen Umgebung ja eigentlich die ideale Gegend für einen eigenen Staat wäre. Diese frischgeborenen Seperatisten rennen alsdann in die örtliche Leihbücherei um der BILD und der UN zu beweisen, daß sie etwa drei Jahre nach der letzten Eiszeit schon einmal einen eigenen Staat hatten und erklären anschließend dem Nachbardorf den Krieg.
So geschehen in Ex-Jugoslawien, in der ehemaligen UdSSR, in Äthiopien, etc. Deprimiert, weil wir scheinbar mehrere Livemetzeleien auf CNN verpaßt haben, brüteten wir vor uns hin.
"Sachen gibt es: Alle separieren, nur die Bayern sind immer noch in der BRD", meinte Pat verständnislos.
Ich antwortete mit einem langgezogenen, nachdenklichem "Jaaaaa...", da mein Großhirn sich nur langsam von den Schäden, verursacht durch das niederschmetternden Idiotendeutsch der Springerpresse, erholte. Ersteinmal wiederbelebt spuckte mein Denk-O-Mat jedoch eine grandiose Idee aus: "Heureka! - Die Hanse! Ich belebe die Hanse wieder!"
Patrick zeigte sich begeistert: "Jaaaaaaa... - Und der Nordstaat? Der Nordstaat verlangt ebenfalls befreit zu werden von diesem von Bayern unterwanderten Bundesregime!"

Wir fielen beide in eine kreative Trance.
"Ich werde der Gottkaiser der Freien Hanse sein... Voscherau wird grün vor Neid!" - "Und Dithmarschen hat im Nordstaat nichts zu suchen! Deppengegend! - Die brächten mich nur in Verruf." - "Wir dürfen nicht außer acht lassen, daß Berlin mal in der Hanse war, bis dieses Christenpack da anrückte, aber das kriege ich schon wieder hin..." - "Pharao! Ich werde Pharao! Und mitten in Kiel baue ich eine Pyramide, jawohl!"

Wir fingen uns langsam wieder und machten uns an die Ausarbeitung einer vorläufigen Verfassung. Schnell hatten wir eine ungefähre Gesetzgebung geeinigt: Bis auf den Grundsatz Aleister "666" Crowleys, "Tu was du willst ist das ganze Gesetz" als Gesamttext der Verfassung einigten wir uns auch auf eine interessante Mischung aus den Naturgesetzen (die Götter werden höllisch böse wenn man sie übergeht!) und den Axiomen eines gewissen Herrn Murphies (die sich einfach nicht übergehen lassen) für das Strafgesetzbuch.
Nun ruhten Pharao und Gottkaiser, betrachteten ihr Werk und sahen, daß es gut war.

Um dem ganzen noch etwas den offiziellen Touch zu geben, entließen wir offiziell Regierungsoberhäupter, die sich auf unserem Territorium viel zu wichtig nahmen. Kopien der Entlassungsurkunden, die Kriegserklärung an Grönland (Terminkalender: Heute Grönland befreien) und die Verkündung der Anektion einiger Metropolen wie z.B. Kopenhagen, Amsterdam, London, Paris,... sandten wir an die Bildzeitung mit der Auflage, daß die Redaktion sich nach der Veröffentlichung mit Benzin übergießen und anzünden soll.

Auf letzteren Vorschlag reagierte die Bild nicht, wohl widmeten sie uns jedoch einen ihrer berühmten Artikel indem sie Auszüge unserer Erklärungen druckten und OB (a.D.!) Voscherau dazu befragten. Schelmisch schrieb die BILD: "Noortstaad unt Fraye Hannsä wida frai!", was zwar einer Anerkennung nahe-, in diesem infantilen Deutsch aber auch einer Beleidigung gleichkam.
(Eintrag in den Terminkalender: Springer-Verlagshaus dem Erdboden gleichmachen, "Journalisten" zum Deutschlernen zwingen!!)
Was jetzt? Getreu den Worten des Philosophen Laotses regieren wir, wie alle Regenten es tun sollten, besonders gut durch das Nichtregieren. Unsere Bürger leben dadurch glücklich und zufrieden in unseren neuausgerufenen anarcho-monarchistischen Staaten.
Diejenigen, die unglücklich sind, sind die, die sich immer noch weigern die Absetzung ihrer alten Regierung hinzunehmen, oder gar diese immer noch für extrem wichtig halten.
Hand aufs Herz: So wichtig kann sie ja nicht gewesen sein, wenn sie keiner wirklich vermißt!
Trotzdem machten wir der unglücklichen Minderheit Konzessionen: Wir erlaubten allen Bürgern mit dem Unglücklichsein sofort aufzuhören! - Wer sich jetzt nicht selbst hilft ist selbst schuld!


Die Friedliche Revolution hat uns viel Spaß gemacht.
Pat und ich haben es zu einer gewissen Popularität gebracht, spätesten seit der NDR-Talk Show, in der wir unsere Meinung mit ernster Miene, dunkelblauem Jacket und bunten Boxershorts vortrugen.
Seitdem sind immer mehr in unsere unorganisierte ?DEA? ("Diskordische rEvolutions Anhänger(un)vereinigung, nicht die Tankstelle und nicht die Drogenbehörde!) gekommen um Politiker und jegliche Art von Leuten, die sich viel zu wichtig nehmen, gekonnt den Eulenspiegel vor das Gesicht zu halten, damit sie sich endlich ihrer Lächerlichkeit bewußt werden.
Wer (aus purer Neugier oder aus Anerkennung unserer ehernen Ziele) eine Aufzeichnung der Sendung haben möchte, in der der wir den Moderatoren unser Regierungsprinzip nahebrachten und ihnen gleich zu Beginn die "Angst vor hohen Tieren wie uns Pharaos und Gottkaiser" charmant nahmen, schicke bitte 10.- DM oder ein VHS-Tape mit 5.- DM Porto an unsere Adresse!
(c) by zAphod / h.l.v.s. 1993