Feldpost #22: Löffelbiegen, Taschenuhr & nasse Radfahrer

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Feldpost #22: Löffelbiegen, Taschenuhr & nasse Radfahrer

Beitragvon admin » 02.12.2003, 15:24

Manchmal ist man einfach nicht schnell genug...

Muede kam Euer treuer Feldpostler eines Abends von der Arbeit in der Twilight Zone nach Hause und beging das alte Ritual des alle-technischen- Geraete-einschalten-und-spaeter-entscheiden- welche-ich-davon-wirklich-brauche". Wie es sich zeigte, reichten Computer und Stereoanlage vollkommen aus, was aber nicht bedeutete, dass ich den Fernseher deswegen wieder ausgeschaltet haette und das war auch gut so, weil mir sonst der Anfang fuer diese Feldpost gefehlt haette, aber der Reihe nach...

Im Fernsehen lief eine Stummfilmfolge der Cosby Show - ich hatte den Ton abgedreht, um Reizueberflutung zu vermeiden, waehrend ich am Computer arbeitete, telefonierte, Musik hoerte und las - als ich ploetzlich in ein Zeitloch fiel und auf dem Schirm keine stummen Lachkonserven mehr sah, sondern vielmehr die unendliche Traurigkeit, durch Ulla Kock am Brink vermittelt, die aus unerfindlichen Gruenden allabendlich gezwungen wird, eine Livesendung zu moderieren, was sie absolut nicht kann, da sie dumm wie eine Buerste ist, aber bei weitem nicht so talentiert!

Egal, jedenfalls hatte sie Gaeste, die auch nicht unbedingt Ton brauchten, bis ploetzlich ein grinsender, leicht debil anmutender Lockenkopf mit einer Handvoll Loeffel die Buehne betrat! - Richtig: Uri Geller!

Uri Geller war, einige erinnern sich vielleicht, Anfang der Achtziger Jahre Gast bei Thomas Gottschalks' "Na sowas!" und hatte kurz danach das 'Institut fuer Fortgeschrittenes Loeffelverbiegen' gegruendet.

Genau das hatte er auch bei Thomas Gottschalk gemacht: Loeffelverbiegen! - Nicht, dass das weiter schwer sei - das haben, sehr zum Missfallen der Eltern, ausser mir viele andere Kinder nach der Sendung bewiesen - aber Uri Geller sagte, das hinge viel mehr mit psychischer Energie zusammen, nicht mit viel Kraft in den Fingern. Wie auch immer, im Anschluss daran - kapputes Besteck macht die Hausfrau wuetend, aber auch zur Zeit von nur drei [sic!] Fernsehsendern war das allein nicht der Quotenreisser - beschloss der Mann zur Demonstration seiner psychischen Faehigkeiten, defekte Uhren per Fernsehuebertragung zu reparieren! - Das war wirklich ein super Service des ZDF, und Geruechten zufolge soll das sogar geklappt haben!

Wie dem auch sei, dieser Auftritt liegt nun auch schon wieder ca. 15-16 Jahre zurueck, aber an diesem Abend gab es endlich wieder eine Chance fuer mich.

"Nehmen sie jetzt ihre Uhr und halten sie sie fest in ihrer Hand!"

Oh, einen Moment! - Blitzschnell riss ich die Schublade auf, in der meine schon seit einigen Jahren defekte Taschenuhr darauf wartete, endlich zum Uhrmacher gebracht zu werden. - "Ich gebe ihnen noch etwas Zeit, ihre Uhr zu finden..." - Ja, danke! Mist, wo ist das elende Ding? - "Ja, also, dann fangen wir mal an..." - Das werdet ihr schoen bleiben lassen!! - "Jetzt nehmen sie die Uhr wieder in ihre Hand und druecken sie..." - Ich wuerde ja gerne, aber wo ist meine... - "Spueren sie die Energie! Ich uebertrage jetzt meine Kraft durch den Fernseher..." - Na, prima, vielleicht wird meine Uhr ja zufaellig von Querschlaegern erwischt! Sie muss hier doch irgendwo sein! - "So, das war's auch schon! Nehmen sie bitte an unserer TED-Aktion Teil und sagen sie uns, ob ihre Uhr wieder funktioniert, oder nicht!"

Am Ende der Sendung fand ich meine Taschenuhr endlich. Sie tickte weder richtig, noch ueberhaupt, was aber verstaendlich war, da Herr Geller noch mal extra erklaerte, wie wichtig der Hautkontakt mit der Uhr war. Na, sowas...

Ich lasse mir Unterstellungen, was merkwuerdige Gedankengaenge meinerseits angeht nicht mehr bieten! - So langsam habe ich naemlich den Eindruck, dass viel mehr Leute ihre abwegigen Gedanken aussprechen sollten, dann wuerden sich alle besser fuehlen...

Zum Beispiel vorletzten Freitag. Auf dem Rueckweg vom Kino fuhren wir mit dem Auto durch den prasselnden Regen nach Hause, als wir an einigen Halbstarken vorbeifuhren, die sicher einen guten Grund hatten, ihr Fahrrad nach Hause zu schieben, anstatt zu fahren...

- Wird man denn nun weniger nass, wenn man bei Regen mit dem Fahrrad faehrt, anstatt zu Fuss zu gehen, oder weniger!? Ich meine: wenn man schnell faehrt, dann wird man schliesslich auch von vorne nass, andererseits entgeht man Tropfen, die hinter einem auf den Boden fallen... Der Gedanke kam mir in dem Moment etwas merkwuerdig vor, darum aeusserte ich ihn nicht laut, um nicht wieder "Mein Gott, Nils, wie bist du denn jetzt wieder darauf gekommen"-Blicke auf mich zu ziehen.

Am Samstag drauf haben Christoph und ich uns dann einen 'Vegetarischen Abend'[1] gemacht, und ich erzaehlte ihm zu schon fortgeschrittener Stunde von diesem Gedankengang. Wider Erwarten sah Christoph mich nicht bloede an, sondern erklaerte ganz nuechtern, dass ein Physiker das schon mal ausgerechnet hat und zu dem Ergebnis kam, dass man mit dem Fahrrad mindestens 40 Km/h schnell sein muss, um weniger nass zu werden, was auf die Dauer wohl nur Jan 'Wadenkrampf' Ulrich gelingen duerfte.

Na, sowas!

Da haben sich also schon vor mir Leute Gedanken drueber gemacht? Die Welt ist ein sehr, sehr merkwuerdiger Ort...

Zugegeben, in diesem konkreten Fall handelt es sich jetzt nicht um einen Gedanken, der den Welthunger beseitigt, eine todbringende Krankheit besiegt, oder den Bierpreis senkt, aber ich plaediere trotzdem fuer mehr ausgesprochen(e) dumme Ideen!

Also: denkt quer und lasst Euch ruhig dabei erwischen!

Gruesse aus der Heimat,

yours

nils


ps: Das Ergebnis der Umfrage: 70% der Uhren der Anrufer gingen nach der Sendung wieder... - Na, sowas!

[1] Steif wie ein Sellerie[2] vorm Fernseher sitzen

[2] Apium graveloens var. dulce, wer's wissen will...

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