Feldpost #70: Sintflut, taube Tauben und Autoalarmanlagen

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Feldpost #70: Sintflut, taube Tauben und Autoalarmanlagen

Beitragvon admin » 03.12.2003, 00:36

Seit dem ich in der Grossen Stadt wohne, machen mich Einblendungen wie vor einigen Tagen im abendlichen Fernsehprogramm, die da lauten "Katastrophenwarnung! - Bitte schalten sie ihr Radiogeraet ein und warten sie auf Durchsagen" schon etwas nervoes, denn bei angekuendigter Katastrophe konnte es sich ja nur um Hochwasser handeln, und Euer treuer Feldpostler wohnt ja seit einem halben Jahr nicht weit von der Grossen Suppe entfernt, die da hochwassern koennte, wenn sie nur nicht so dickfluessig waere, wie ihr Umweltstatistiken nachsagen...

Abgesehen davon ist mir das schon suspekt, wenn der Fernseher mich auffordert, das Radio anzuschalten, also seinen technischen Vorfahren zu reaktivieren, der ansonsten seine Existenz fast nur noch in Autos, Bueros, Kuechen und Badezimmern der Republik fristet, aber wenn's denn um eine ordentliche Katastrophe geht, dann darf es wieder das Radio sein. Wir sagen dann 'Volksempfaenger', kauern uns im Dunkeln davor, lassen uns von seinem Licht waermen, und... - na gut, vielleicht sollte ich nicht so viele alte Filme sehen...

Auf jeden Fall klaerte mich das Radio dann auf, dass das naechtliche Hochwasser seinen Namen wirklich verdienen wuerde! - Die Hochwasserwarnung offenbarte mir weiterhin, dass die Autoalarmanlage[1] die ich bestimmt schon seit zwei Stunden heulen hoerte, wohl doch keine solche war, sondern eher eine dezente Warnung fuer Leute, die ihr Auto unten am Fischmarkt geparkt hatten: Sie sollten sich beim Umparken ihrer nassen Autos besser Gummistiefel anziehen!

Meine eigene Angst vor Hochwasser haelt sich einigermassen in Grenzen, denn gluecklicherweise residiere ich im dritten Stock! - Selbst wenn das Wasser sich seinen Weg bis hoch in meine Strasse bahnt, kann ich dem ganzen Malheur noch mit einigem Sportsgeist begegnen. Solange es nicht die ganze Zeit regnet halte ich das Ganze fuer angemessen romantisch und gedaechte viel Zeit auf dem Balkon zu verbringen, den Leuten in den Schlauchbooten aufmunternde Bemerkungen zurufend, unterbrochen nur durch gelegentliche Anrufe beim Pizzaservice...

Apropos Balkon und Sintflut: in der Bibel wird ja ueber die Sintflut berichtet, dass die Damen und Herren auf der Arche letztlich neues Land fanden, in dem sie Tauben aussandten, von denen eine mit Gemuese im Schnabel zurueckkehrte, was die Entdeckung von Neuland bedeutete.

Meiner Ansicht nach hat sich der Sinn von Tauben damit auch ziemlich erschoepft - sie sind einfach nur noch Plagegeister, ja, einige nennen sie gar Ratten der Luefte. Auf alle Faelle sind sie zu Ratten der Balkone geworden, zum Beispiel des meinen.

Wenn Tauben erstmal beschlossen haben, dass ein bestimmter Balkon ein ausgezeichneter Treffpunkt ist, sind sie nur sehr schwer wieder davon abzubringen. Unguenstigerweise denken die bloeden Viecher das seit einiger Zeit von meinem! Und was noch unguenstiger ist: die Voegel gehen nicht unbedingt woanders hin, wenn sie mal woanders hin sollten!

So renne ich denn, tagein tagaus, so mein Terminkalender es erlaubt, aufgeregt auf dem Balkon auf und ab und verscheuche das gemeine Geschmeiss, in der irren und irrigen Hoffnung, dass es sich bei diesem irgendwann herumspricht, dass es bei mir unerwuenscht ist, aber auf dem Ohr sind die Tauben scheinbar - nun ja: taub.

Nicht nur, dass die Tauben auf dem Ohr taub sind, nein! - Die bloeden Voegel wollen auf meinem Balkon ja auch noch unbedingt ...kleine Voegel machen!!

- So nicht! - Jedenfalls nicht auf *meinem* Balkon!!

Kennt jemand eine gute Taktik, Tauben loszuwerden? - In den Bahnhoefen der Grossen Stadt wurden ja fiese lange Metallstachel auf jedem potentiellen Taubenlandeplatz montiert. Eine scheinbar brutale Methode, aber auf den zweiten Blick merkt man, dass sie ueberhaupt nichts bringt - ich habe jedenfalls noch keine einzige Taube darauf aufgespiesst gesehen...

Ach, egal... - Ich mache es den Ratten einfach nach: Ich werde mich taub stellen und gelegentlich etwas ueber den Balkon flattern. Sollen die Passanten doch kichern! - Bei der naechsten Sintflut werden wir ja sehen, wer zuletzt lacht! - Die da unten auf der Strasse, oder ich auf meinem taubenfreien Balkon!

Gruesse aus der Grossen Stadt,

yours

nils


[1] Autoalarmanlagen sind eine grandiose Erfindung, und funktionieren so: Das Auto wird irgendwo geparkt, die Alarmanlage eingeschaltet und der Eigentuemer entfernt sich rasend schnell von seinem Gefaehrt, bevor die bloede Alarmrassel aus Versehen losgeht. Wenn dann Oma Karsubbe von und zu Schraeggegenueber das Haus verlaesst und ihren widerlichen kleinen Hund an dem Auto vorbeischleift, wird die Sirene losgehen, was die ganze Nachbarschaft dazu verleiten, alarmiert aufzuspringen, nach dem Telefon zu greifen, die Polizei anzurufen und sich ueber den Krach zu beschweren. Nach dem dritten oder vierten Anruf sind dann sowohl Polizei als auch Anwohner hinreichend genervt, so dass sie nur noch mit einem leichten Murren reagieren, wenn die Sirene wieder losgeht. Das ist dann der Moment, in dem lichtscheues Gesinde den gesicherten Wagen, und - weil gerade keiner guckt - auch noch zwei, drei Wagen die drum herum stehen, klaut. Die Alarmanlage wird von den Dieben ausgeschaltet und alle sind -endlich- zufrieden, ausser gewissen Autoversicherern natuerlich, aber wer hat mit denen schon Mitleid...

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