Kapitel 11

Die vorlaeufige Endversion des ersten Abende-füllendem Werkes von Pat / 'twoflower' und nils / 'zAphod'

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Kapitel 11

Beitragvon admin » 01.12.2003, 23:45

Petrus fiel durch die Dunkelheit. Mit der Zeit wurde ihm das zu langweilig. Gelegentlich schrie er etwas aber eine echte Hysterie mochte sich nicht einstellen, also liess er es wieder bleiben.
Er fiel schon so lange, dass er langsam vergass, in welche Richtung er unterwegs war. Zunächst dachte er, er könne die Zeit mit "Ich sehe was, was du nicht siehst" überbrücken, gab jedoch irgendwann auf, weil es nur Dunkelheit um ihn herum gab, die, hätte er tatsächlich Gesellschaft gehabt, von seinem Mitspieler unmöglich zu übersehen gewesen wäre.
Gerade, als er auf die Idee kam, dass er möglicherweise tot und in der Twilight Zone wäre, sah er den Boden, eigentlich mehr durch Zufall, aus dem Augenwinkel, der sich erstaunlich schnell auf ihn zu bewegte.
"Tot war ich bis jetzt also noch nicht", dachte Petrus irgendwie beruhigt, bevor ihm schwarz vor Augen wurde und er Zeit bekam, diesen Gedanken noch einmal auf seine geistige Gesundheit zu prüfen.
Petrus wachte mit höllischen Kopfschmerzen und einem gebrochenen Finger wieder auf. Er wusste nicht, wie lange er in der Dunkelheit gelegen hatte. Er befühlte den Boden in dem er lag.
Sand, stellte er fest, tiefschwarzer Sand.
Er fühlte sich bei weitem nicht so hart an, wie er von oben aussah. Petrus richtete sich auf um sich angemessener darüber wundern zu können, dass er überlebt hatte.
Er fühlte sich ob des Wunders eigentlich ziemlich gut, bis auf die Kopfschmerzen und den gebrochenen Zeigefinger, welchen er jetzt notdürftig zu schienen begann.
Er durchsuchte die Hosentaschen seiner Jeans und war dankbar in der kleinen, vorderen Tasche, von der nie jemand herausgefunden hatte, wozu sie eigentlich gut war, abgesehen davon, dass sich Sachen darin wiederfinden die häufig ein ziemliches Malheur in der Wasch- maschine anrichten, eine Kopfschmerztablette zu finden.
Petrus machte sich nun also auf den Weg in eine Richtung, von der er sich zwar nicht sehr viel versprach, die aber auch nicht übler als alle anderen zu sein schien.
Nach fünf Stunden strammen Marschierens sah er weit in der Ferne etwas, dass er enthusiastisch als "Silberstreif am Horizont" be- zeichnete. Ohne kleinlich sein zu wollen schien der Silberstreif eher ein hellschwarzstreif zu sein. Ausserdem war er vom Horizont noch ebensoweit entfernt wie die katholische Kirche von der Realität.
(Die Dimensionssprünge einmal ausser acht gelassen dürfte der der Realität nächste Geistliche auch noch mindestens 235 Km entfernt sein. Pater A. Weishaupt, so heisst der Geistliche, betreibt schon seit einigen Jahren biologische Grundlagenforschung in einem Etablissement das den Namen "Haus Der Aufgehenden Sonne" trägt.
Es liegt in einer Kleinstadt 235 Km von Pargans Hauptquartier und Lieblingsverliess und hat einen sehr fragwürdigen Ruf...
Die Nähe der katholischen Kirche zur Wahrheit findet hier keine Erwähnung, da Harry schon in seiner Examensarbeit bewies, dass in diesem Zusammenhang das Wort "Nähe" ad absurdum geführt wurde und selbst die weitläufigen Bereiche der Neomathematik keine genügende Lösung anbietet)
Nach einigen weiteren Stunden des Wanderns und des Mutverlassens passierte etwas vollkommen unvorhersehbares: Petrus wurde in einen Verkehrsunfall verstrickt:
Er schleppte sich gerade durch ein besonders langweiliges Stück Gegend, als ein wildgewordener weisser Gaul angerannt kam und sich Petrus auf eine Art und Weise in den Weg schmiss, dass jeder Ver- sicherungs-Sachverständige gegen Petrus entschieden hätte.
Der Gaul fiel um und stellte sich tot. Petrus war so beeindruckt, dass er im ersten Moment an nichts anderes denken konnte, als daran, zu prüfen ob er überhaupt angeschnallt war, nur um sich anschliessend darüber zu wundern, dass er auch ohne Gurt überlebt hatte!
Petrus untersuchte dass Pferd. Er war kein Tierarzt, vermutete aber trotzdem, dass das Pferd nicht gerade tot, war, da es offensichtlich noch (lautstark) atmete und gelegentlich blinzelte um zu sehen, was um es herum vor sich ging.
"OK, was soll das nun bedeuten", fragte Petrus, dem die ganze Gegend langsam zum Halse raushing.
Nach einer Stunde hatte Petrus mit viel Mühe das Pferd wieder hingestellt und es davon überzeugt, dass es nicht tot war. Zögernd setzte er sich auf das Pferd und gab ihm die Sporen.
Petrus war nie sonderlich gut in Sachen wie Reiten und Sporen geben und so, aber nach einiger Zeit des Ausprobierens setzte sich das Pferd tatsächlich in Bewegung. Vorsichtig setzte es einen Fuss vor den anderen. Vorsichtig steigerte es das Tempo. Es schien sehr zufrieden damit zu sein, dass es nicht nur nicht tot war, sondern desweiteren sich immer noch bewegen konnte.
Auch Petrus war damit bis zu einem gewissen Grad zufrieden. Er war persönlich sehr damit beschäftigt, sich zu wünschen, dass das Pferd doch etwas kranker wäre, da er immense Probleme hatte, sich auf dem Pferd zu halten.
(Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung kann nicht jeder Buch- oder Filmcharakter reiten wie John Wayne sobald er ein Pferd zu Gesicht bekommt. In den meissten Fällen sind dafür vorrausgegangene Reitstunden sehr praktisch. Petrus hielt sich zwar auf dem Pferd fest, verstiess aber eindeutig gegen sämtliche, die Haltung betreffenden Konventionen des Reiterbundes!)

Noch ein ganzes Stück von Petrus entfernt stand ein großer, hässlicher, festungsartiger Schwarzer Turm. Es waren nur noch drei Leute von den ursprünglich hundert Soldaten übrig und die hatten besseres zu tun, als sich mit der äusserlichen Gestaltung des Turms zu be- fassen. Sergeant Vierlagig war damit beschäftigt seiner Truppe zu befehlen und seine Truppe damit, sich vor den Befehlen zu drücken.
Die Truppe, das waren die Gefreiten Nase und Tieger. Sie waren nur deswegen so erfolgreich darin gewesen zu überleben (der Rest der einst grossen Truppe war im allgemeinen ziemlich tot) weil sie das Talent sich zu drücken schon früh perfektionierten.
Sgt. Vierlagig hatte das scheinbar noch nicht begriffen, sonst hätte er das dauernde durch-den-Turm-gerenne und Befehle-geschreie wohl schon längst aufgegeben. Der Schwarze König, der einst die Soldaten für diesen Turm aussuchte, hatte eindeutig zu wenig Wert auf die Intelligenz der Vorgesetzten gesetzt. Wärend der Seargent nun also brüllend durch den Turm rannte und "seine Mannen" suchte, lehnten sich Tieger und Nase an die Zinnen des Turms und sahen durch ein Fernrohr um festzustellen, was es war, dass Sgt. Vierlagig so aufregte.
Sie sahen ein Pferd, dass sich mit raschem Gallop näherte. Wenn man genau hinsah, dann konnte man auch noch einen verwirrt und verzwei- felt dreinblickenden Reiter erkennen, der mehr unter dem Pferd zu hängen schien als auf ihm zu reiten. Das Wort "reiten" beinhaltet meisst auch eine gewisse Kontrolle über das Pferd; sollte der Mann unter dem Pferd die Kontrolle besitzen, so ganz sicher nicht über das Pferd unter dem er gerade hing.
"Was sagst Du dazu", fragte Tieger.
"Ich sage, dass ein Pferd keinen Motor hat und das es zwecklos ist, sich drunterzulegen", dozierte Nase."Und gefährlich ist es auch!"
"Oh, ja", bestätigte Tieger.
Sie schauten durch das Fernglas. Der Reiter versuchte soeben sich am Schwanz des Gauls wieder auf dessen Rücken zu ziehen. Das Pferd nahm ihm das ziemlich übel.
"Ich vermute, dieses ständige Gewummer des Kopfsteinpflaster geht einem als Reiter ziemlich schnell auf den Keks."
"Ja, besonders wenn man unter dem Pferd hängt und das Kopfstein- pflaster seinem Namen alle Ehre macht!"
Der Seargent näherte sich lautstark. Tieger und Nase griffen nach ihren Armbrüsten und stellten sich in Angriffsposition an die Zinnen. Sgt. Vierlagig stolperte an ihnen vorbei. Er drehte sich einmal kurz um, blinzelte ungläubig in Richtung seiner Leute, schüttelte dann den Kopf und setzte seine Suche nach ihnen fort.
"Es funktioniert tatsächlich: Tue das genaue Gegenteil von dem, was der Sergeant von Dir erwartet und er sieht dich nicht!"
Zufrieden setzten sie ihre Beobachtung des Reiters fort, der sich langsam näherte.

Petrus hatte es langsam satt! Das Pferd bewegte sich in regelmässigen Abständen wahnwitzig schräg, was zur Folge hatte, das Petrus sich nie sehr lange auf dem Rücken des Pferdes halten konnte. Der anfängliche Reiz, einmal unter dem Pferd die Prarie zu erforschen gab sich recht schnell, als die weiche Steppe einem harten Kopfsteinplaster wich. Gerade hielt er sich mal wieder lange genug auf dem Rücken des Pferdes um zu sehen, wo er sich hinbewegte.
Das Pferd näherte sich mit selbstmörderischer Geschwindigkeit einem grossen Schwarzen Turm.
Der Seargent rannte nun durch den Turm. Immer noch suchte er seine Leute. Der Feind rückte an und wenn die Herren Gefreiten noch weiter mit ihm Versteck spielen wollten, dann...
Sgt. Vierlagig bewegte sich so schnell, dass er etwas ungünstig über seine eigenen Füsse stolperte und die Treppe zu den Zinnen herauf- fiel, etwas was im allgemeinen nur sehr dummen Menschen passiert, die vollkommen ignorieren, dass das nicht geht.
Er kam vor seinen Gefreiten zum liegen, rappelte seine massige Gestalt auf und schrie seinen Befehle:
"In den Maschinenraum, aber so fort!!"
Aus purer Verwirrung befolgten Nase und Tieger seinem Befehl, wärend der Sergeant sich zufrieden in eine Ecke fallen liess und von dem schönsten Sturz seines Lebens träumte, der zufolge hatte, dass die Gefreiten tatsächlich einen seiner Befehle befolgten.

Mittlerweile hatte Petrus seine Ansprüche an Pferdereisen etwas heruntergeschraubt: Er wollte nicht mehr unbedingt auf dem Rücken sitzen, es genügte ihm jetzt vollkommen, sich überhaupt noch halten zu können. Das Pferd beschleunigte weiter. Bei der Suche nach festem Halt hatte Petrus aus Versehen einen Knopf am Sattel gedrückt, der mehrere sehr gefährlich aussehende Stachel aus dem Zaumzeug des Rosses wachsen liess. Das Pferd hielt den Kopf nun gesenkt, was seinem armen Reiter noch weniger Halt bot. Der Boden über den sie sich bewegten war abwechselnd schwarz und weiss. Von unter dem Pferd betrachtet verschwammen die Farben zu einem soliden grau. Petrus war in der Position meisstens mit primitivem Überleben beschäftigt und hatte so leider keine Augen für diesen lustigen Effekt. Nase und Tieger sassen nun doch an, oder besser: in der Maschine. Ihr Prinzip war sehr primitiv. Die sogenannten "Programmierer" der Maschine standen in einem grossen Rad und mussten möglichst schnell laufen. Das Laufrad betrieb einen Blasebalg, der, wenn er genug Druck hatte, sich entlud und mehrere sehr grosse Kolben in Bewegung setzte.
"Schneller!", brüllte Vierlagig.
Der Beruf des Informatikers war in dieser Gesellschaft nicht sehr angesehen. Die Arbeitszeiten waren unmöglich, die Bezahlung schlecht und das lokale Arbeitsamt musste Leute durch Lügen über eigene Kaffeemaschinen und hübsche Sekretärinnen zu dem Job motivieren.

"Langsamer!", brüllte Petrus ein letztesmal - wieder ohne Wirkung.
Petrus gab auf und begann damit, sein ganzes Leben vor seinen Augen passieren zu lassen. Ein sinnloses Unterfangen: Das Pferd hatte den Turm schon fast erreicht, die Zeit wäre also selbst für eine "Best-Of"-Version seines Lebens zu knapp gewesen.
Die Zeit wurde noch knapper, als der Turm vollkommen unerwartet auf Pferd und Reiter zusprang.
Petrus wurde mit einem Haufen frischer Pferdewurst unter dem riesigen Turm begraben.

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