So eine schöne Idee, und so lange wird schon versucht, jemanden davon zu begeistern..

Mal abgesehen von früheren Ansätzen und Irrwegen, die zum Beispiel hier beschrieben wurden, hat’s die Telekom ja immer mal wieder versucht.

Eine Weile wurden sogar ganz prima Festnetz-Bildtelefone für wenig Geld auf den Markt geworfen, die dann aber trotzdem niemand kaufte. Der Grund ist klar: wer will schon morgens sein Gesicht in eine Kamera halten, nachdem er sich gerade aus dem Bett gequält hat? Oder sich extra anziehen, wenn das Telefon einen aus der Dusche holt? Oder einen intelligenten Gesichtsausdruck aufsetzen müssen, obwohl man dem gerade sehr fern war, weil man in seiner Wohnung in einem Zimmer stand und sich verzweifelt versucht daran zu erinnern, warum man eigentlich gerade dahingegangen war?

Gründe gibt es also viele dagegen. Und wenige dafür. Die Leute, die sich ein Bildtelefon kauften, gingen auch zu Big Brother. Das sind nicht so viele. Zum Glück. Oder leider: vielleicht würde höhere Beteiligung der Durchschnittsbevölkerung die Qualität der Sendung anheben.

Ok: streicht das. Ein Stein oder eine Scheibe Toast würden die Qualität von Big Brother anheben können.

Die Telekom zeigte sich einsichtig, das Thema und sicher auch einige der Geräte wurden im Hinterhof begraben.

Und jetzt? UMTS. Das Killer-Argument für die neue Technik soll die Bildtelefonie sein.

Wenn man aber – jetzt der endgültige Grund fürs erneute Scheitern des Konzepts! – ein Bildtelefonat führt, dann hält man das Handy allerhöchstens in Brusthöhe und spricht. Was sieht der Empfänger also: die Nase des Anrufers, und umliegend noch ein paar Problemzonen, ob sie da sind oder nicht, da das Kinn, während man nach unten in die Kamera schaut, auf dem Hals ruht und, egal was die Körperfettwerte sagen, es aussieht, als hätte der Anrufer ein Doppelkinn!

Das Doppelkinn würde ich noch verwinden, aber der Blick in die Nase des Anrufers ist nun wirklich wenig erstrebenswert[1].

Plus: man muss laut und deutlich in Richtung des Telefons sprechen, und die Antwort kommt – im Idealfall des Konzepts – laut und deutlich zurück.

Es gibt ja Menschen die bestehen darauf, andere an ihrer Kommunikation teilhaben zu lassen. Stichwort „Öffentlicher Personen Nahverkehr“ und Handy-Telefonate. Zum Glück, und das halte ich für sehr wichtig für den innerdeutschen Frieden, ist das aber eine Minderheit!

Ich will wirklich nicht wissen, worüber sich andere Leute so in der Bahn und am Telefon unterhalten. Jedenfalls meistens nicht. Und am wenigstens dann nicht, wenn der Gesprächsteilnehmer am anderen Ende der Leitung ohnehin einen Grossteil der Zeit damit zubringen wird, die Nase (und deren Inhalt) des Anrufers zu kommentieren!

Das, liebe UMTS-Lizenznehmer, werden die Gründe für das erneute Scheitern der Bildtelefonie sein: Nase, Doppelkinnimpressionen und Brüllkommunikation.

Mind my words! – You have been warned! 😉

[1] Bei „erstrebenswert“ fällt mir eine unschöne Textzeile des vielleicht prima Sängers, aber bestimmt ganz, ganz lausigen Texters Xavier Naidoo ein. In einem Liebesschmachtfetzen singt er allen Ernstes: „Deine Bewegungen sind erstrebenswert!“ – Was soll das bitte bedeuten??
Bei so viel Unsinn bin ich allgemein fassungslos und empört. Die Qualität seiner Songs liesse sich um mehrere Prozentpunkte steigern wenn er seine Texte durch ein eingängiges „Lalala“ ersetzte! Bitte!!