Gruesse aus der Grossen Stadt

Schlagwort: übersetzung

Übersetzung gone bad: „Error“, die schlimme Übersetzung von „Reamde“ von Neal Stephenson

Meine Vermutung war, dass es sich um eine Maschinenübersetzung handelte, und zwar um eine, deren Güte vom aktuellen Stand der Maschinenübersetzung zum Glück längst überwunden wurde. Seelenlose Sätze, übersetzte Wortwörtlichkeiten, eins-zu-eins Redewendungen, die im Deutschen keinen Sinn ergeben,…

Und das fängt beim Titel an! – Es ist Science Fiction, steht als irgendwo hinten im Laden und Regal, in der Nerd-Ecke, es ist somit unwahrscheinlich, dass sich ein 1000 Seiten Werk von Neal Stephenson an ganz unbedarfte verkauft, auf jeden Fall möchte ich ausschließen, dass Leute zu diesem Buch greifen, für die „Reamde“ ein nicht zu durchdringendes Wortspiel darstellt!

Und „Error“? – Das Wort hat keinen Bezug zu gar nichts im Buch.

Das Buch enthält zahlreiche schlechte Übersetzungen, die einem den Magen undrehen. Ich habe den Übersetzer angeschrieben und gefragt, ob es sich um eine – zumindest teilweise – Maschinenübersetzung handelt, die vielleicht etwas vorschnell veröffentlicht wurde. Das schien mir plausibel: 1000 Seiten Popcorn-Unterhaltung, warum sollte man es sich da schwer machen. Er reagierte gefasst, aber deutlich ablehnend, und beklagte sich erst, dass ich keine Beispiele genannt hätte, dann, dass ihm diese (qualitativ) nicht genügen um darüber zu diskutieren. Nun, das muss er ja auch nicht. Er hat auch Bücher von Thomas Pynchon übersetzt, und zwar gut, es geht also auch anders, und darum erwähne ich seinen Namen hier nicht, ich möchte nicht oben in den Suchergebnissen zu seinem Namen mit der Geschichte auftauchen.

Dazu kommt, dass die Story von Neal Stephenson selbst leider ziemlich schlecht ist. Totale Willkür hat die Story über mehrere Kontinente und viel zu viele Seiten verteilt, und als Leser fragt man sich, was das eigentlich soll – und warum so lange!

Wenn ihr es trotzdem lesen wollt, dann wählt aber bitte unbedingt das englische Original!

Terry Pratchett: „Neuinszenierung für eine breite Zielgruppe“??

WTF?

Ich meine: schön, dass sich in Deutschland jemand Gedanken über das Verlegen und Neuverlegen von Terry Pratchetts Büchern macht, und wie man eine breitere Zielgruppe erreichen kann, die der Meister ganz sicher verdient, aber wieso auf diese Art?

Der Text: Ab Frühjahr werden im Manhattan Verlag (neben den regulären Neuerscheinungen) sukzessive alle Backlisttitel in neuer Übersetzung herauskommen. Mit Regina Rawlinson und Gerald Jung wurden zwei vielfach preisgekrönte Übersetzer für das ehrgeizige Projekt gewonnen.

Na, meinetwegen. Ich fand die Übersetzungen nicht so schlimm gelungen, wenn auch teilweise etwas an der Bedeutung des Originals vorbei, was aber (fast) nur auffällt, wenn man jenes kennt.

Dann aber:

Der Umschlag: Statt der witzig-ironischen Illustrationen der englischen Originalausgaben setzt Manhattan künftig für Neuerscheinungen und Backlist auf eigene Buchcover aus einem Guss, die der deutsche Künstler Tom Steyer in bester Pratchett-Manier mit einem fröhlichen Augenzwinkern gestaltet.

No fscking WAY! – Die Cover sind ein Markenzeichen und gehören zum Gesamtpaket!

Fast schlimmer ist aber für den Bibliophilen folgendes:

Die Verpackung: Auch in der Ausstattung gibt es nach langen Diskussionsrunden im Verlag einen grundsätzlichen Neuansatz, denn die Romane erscheinen künftig nicht mehr gebunden, sondern als Klappenbroschur (Thielenhaus: „Das Format der Zukunft“) mit gestalteter Innenseite und heraustrennbarem Lesezeichen.

„Das Format der Zukunft“ my ass! – Wer sich die Bücher gebunden kauft, der will die Qualität und Wertigkeit der gebundenen Ausgabe, keine bekloppte Klappenbroschur!

Aber: ach, was rege ich mich auf. Ich kaufe weiter die schönen, bunten, gebundenen Originale, und freue mich daran. Es tut mir nur ums lokale Publikum leid, die nun Opfer eines Meetings der Marketing-Abteilung am Freitag Nachmittag werden.

Mehr treffende Rants zum Thema finden sich hier, in einem anderen Blog.

ps: nette Anekdote aus der Newsgroup alt.fan.pratchett: vor vielen, vielen Monden fragte ein fellow afper einmal, ob es möglich sein könnte, dass er da-und-da am so-und-so-vielten Terry Pratchett gesehen haben könnte, „or was it just an Old Fart in a Hat?„. Was der arme Mann, noch neu bei AFP, nicht wusste, war, dass der Meister selbst zu der Zeit dort auch mitlas. Er antwortete dann auch persönlich: „It was me. Terry Pratchett, OFiaH„. Es ist nicht überliefert, in welchem Erdloch sich der Fragende anschließend vor Scham selbst vergraben hat..

[Quelle der Zitate: buchreport.de]

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