Unsitten, Unsitten.

Sehr unangenehm: USAmerikaner jüngerer Bauart in der Öffentlichkeit tragen häufig zwei hervorstechende linguistische Besonderheiten in die Welt hinaus: sie können komplette Dia- bis Monologe führen, stundenlang, ohne etwas zu sagen. Füll- und einzige Wörter sind in dem Fall populäre Wendungen wie „…just like…“ und „…you know…“, Reihenfolge und Emphase wechselnd.

Regt der Sachverhalt an sich ohnehin schon meine Adrenalinproduktion an, so war der Härtefall immer noch die Reisegruppe total überfetteter Yanks im Schloss von Versailles, die dort — auf eine sehr borg-esque Weise, nämlich permanent mit Camcorder vor dem Auge — fett im Weg rumschwabbelten.

Dabei schnaufte einer dem anderen zu: „You know, it’s just like Disney World, …only not so real!

Pest!! – Das ist soooo schlimm!
Waren es Vorläufer davon, die unsere Grosseltern auf die Stillen Barrikaden[1] trieben? Warum haben wir nicht auf sie gehört??
Wie bitte?
Achja: Peter Alexander.
Verstehe…

Und jetzt?
Ferngucken. Extreme Variante davon, zum Beispiel und leiderdings weit von ausschliesslich dort: Big Brother.
Unterhaltung, oder das, was dort dafür durchgeht, gekürzt auf die hier relevanten Teile:
„Und dann, …, weisst Du, der …, weisst Du, verstehst Du,…“

Und so zieht es sich durch bis in das, was heutzutage als Realität durchgeht: Weisst Du?

Hilflosigkeit. – Was kann man dagegen tun? Nichts, vermutlich, ausser die Zielgruppe darauf aufmerksam machen, was sie so spricht. Zählen als Verhütungsmittel, ist doch super!

Darum: wenn jemand Sätze füllt mit „Weisst Du“, so antworte: „Ich weiss!“.
Für eine saubere Sprache. Wenigstens etwas sauberer. Wenigstens nicht total inhaltsleer und schmutzig. Weisst Du?

Gruesse aus der Grossen Stadt, weisst Du?

Euer

nils

[1] Die Stillen Barrikaden, auf denen „die da oben machen ja eh was sie wollen“ steht, oder „ich kann ja sowieso nichts ändern“.
Feige Menschen – oder wenigstens wenig extrovertierte – nicken mit dem Kopf, weil sie der selben Meinung sind wie der Typ, der am lautesten brüllt. Trotzdem: manchmal haben die Stillen Barrikaden Gänger im nachhinein rechtbekommen: der US-Kulturimperialismus war nicht schön, er war aufdringlich, und er hat uns sicher viel unserer kulturellen Identität genommen. Und er hat dazu geführt, dass Fernfahrer zu verehrungswürdigen, „wilden, freien Typen“ wurden, und der üble Volksmusik-Schlager der US-Fernfahrer in Deutschland ein grösseres Publikum fand, nachhaltiger als das von Catarina Valente, zum Beispiel. Aber ich schweife ab. Worauf wollte ich eigentlich hinaus?
Achja: rückblickend, und von meiner Warte aus, war die Opposition gegen die Invasion der US-Unkultur vielleicht nicht sehr gross, ich rechne aber mit breiter, schweigender bürgerlicher Unterstützung.
Aber: das sind auch (teilweise) die Leute, die rechte Parteien wählen, und wegen derer ich Wert darauf lege, dass es keine bundesweiten Bürgerentscheide gibt und geben darf, weil die spätestens mit Unterstützung des Axel Springer Verlags und gewisser dort erscheinender Publikationen ganz schnell wieder zu Fackelläufen durch deutsche Städte führen würden.
Na: oops! was für ein Abschweifer.